"Kirschgarten" im Theater Bonn Sehenden Auges dem Untergang entgegen

Bonn · Fin de siècle: Wer sich in der (Kultur)Geschichte auch nur ein Stück weit auskennt, der weiß, was dieser Begriff bedeutet. Und welche Anziehungskraft er dieser Tage auszuüben scheint. Ein wenig Endzeitstimmung gefällig?

 Louisa Stroux (links) und Katharina von Bock gastieren im "Kirschgarten".

Louisa Stroux (links) und Katharina von Bock gastieren im "Kirschgarten".

Foto: Thilo Beu

Ein wenig Melancholie und Fatalismus? Was immer es auch sein mag, was die russische Gutsbesitzerin Ranjewskaja - die Hauptfigur in Tschechows "Kirschgarten"- und ihre Gäste dort umtreibt. Der Termin für die Versteigerung des hoch verschuldeten Anwesens steht. Und er scheint ebenso endgültig wie das Datum, das die Mayas als Ende aller Tage ausgerechnet haben.

Dennoch lässt Generalintendant Klaus Weise in seiner Inszenierung des 1904 uraufgeführten Tschechow-Klassikers, der heute Abend Premiere in den Kammerspielen feiert, auch Raum für die unbestreitbar liebenswerten Seiten einer dem Untergang geweihten Gesellschaft, wie Dramaturg Christopher Hanf es beschreibt.

Für Katharina von Bock, die in Ibsens "Hedda Gabler", in Dressers "Blick auf den Hafen" sowie in Ortkempers "Ion oder Der neue Sohn" am Theater Bonn zu sehen war, ist es dort nunmehr das vierte Gastspiel. Das ihr Gelegenheit gibt, die Tiefen ihrer Figur auszuloten, die mit dem Begriff "Traumtänzerin" sicher nur unzureichend beschrieben wäre.

"Es ist eine Rückführung an den Ort ihrer Kindheit, den es aber so, wie er war, nur noch in ihrem Kopf gab", beschreibt sie ihre Figur. Die, wie Katharina von Bock lächelnd hinzufügt, mit "drei Kindern, Mann, Haus und Beruf" im realen Leben nicht allzu viel gemein habe. Trotzdem oder gerade deshalb besitzt Ranjewskaja zweifellos einen gewissen Reiz.

Vielschichtig, eine echte Tschechow eben, ist auch die Rolle von Louisa Stroux; in der Ära Beilharz einer der Stars des Bonner Schauspiels. Sie gibt ihr Gastspiel als Warja, die Pflegetochter der Ranjewskaja. "Sie ist nicht schwärmerisch wie die anderen, sie mag auch etwas Verbittertes an sich haben. Aber sie mag eine der wenigen sein, die außerhalb des Kirschgartens bestehen können". So möchte Stroux dem Publikum einen auf Anhieb sperrigen Charakter näher bringen.

Vorstellungen am 10., 17., 20., 23., 30. Juni und 6. Juli 2012. Karten in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen und bei bonnticket.de

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