Mendelssohns "Elias" in St. Rochus Sensibel umgesetztes Oratorium
BONN · Mit dem 1847 in Birmingham aus der Taufe gehobenen "Elias" hat sich der Oratorienchor Bonn/Duisdorf unter der Leitung von Franz Reißner einem Oratorium von Mendelssohn zugewandt, das nach dem eher traditionellen, episch angelegten "Paulus" von 1836 unüberhörbar musikdramatische Züge auszeichnet.
Signifikantestes Merkmal dieser Gattungsreform ist der Verzicht auf einen erzählenden Evangelisten. Unmittelbar treten so die handelnden Personen an den Zuhörer heran.
Reißner trägt diesen Impetus Mendelssohns Rechnung, indem er mit Felicitas Fuchs, Sopran, Margarete Joswig, Alt, Richard Resch, Tenor, und insbesondere mit Franz Hawlata, Bass, ein Solisten-Quartett verpflichten konnte, dem die musikdramatischen Momente dieses "Elias" sensibel umzusetzen gelingt, ohne - und das zeichnet die Aufführung besonders aus - ins opernhaft Plakative zu verfallen.
Diesem Elias glaubt man (fast) jedes Wort, weil Hawlata seine Rolle überaus menschlich gestaltet. Abgrundtief schwarz in seinem beharrlich fordernden, eifernden Wollen: den Wundern; lyrisch warm, mit angemessener Skepsis, in seiner tiefen Depression ob seines Versagens und des Wiedererstarkens seiner Gegner.
Kaum zu glauben, dass beim Oratorienchor Bonn/Duisdorf eine Hundertschaft von Sängerinnen und Sängern am Werke ist. Singakademischen Qualitäten entwickeln sie unter Reißner, der ein akustisches Breitwandformat präferiert, das selbst noch in forte und/oder bei vollem Orchestereinsatz stimmsatztechnisch zu verfolgen bleibt. Von der Textverständlichkeit allerdings lässt sich das (zumal beim Orchester-Tutti) nicht immer sagen.
Das durch Musiker des Beethoven Orchesters Bonn verstärkte Kammerorchester St. Rochus agierte durchweg professionell. Anmutig begleitende Kantilenen lieferten dabei Solo-Cello (Nr. 26) und -Oboe (Nr. 37). Lang anhaltender, verdienter Schlussapplaus.
