Freitagskonzert Shao-Chia Lü dirigiert das Beethoven Orchesters

BONN · Von Taipeh nach Frankfurt zu fliegen, um für einen erkrankten Kollegen einzuspringen, ist auch in Dirigentenkreisen nicht der Normalfall.

 Shao-Chia Lü.

Shao-Chia Lü.

Für den Taiwanesen Shao-Chia Lü aber war vor allem ein Aspekt für seine Zusage ausschlaggebend, die Vertretung von Bonns Generalmusikdirektor Stefan Blunier zu übernehmen: Das Gastspiel in Koblenz, das eine Woche nach dem heutigen Bonner Freitagskonzert neben einem weiteren Konzert in Viersen ansteht.

Die Stadt an der Moselmündung ist für ihn ein Stück zweite Heimat. Von 1998 bis 2004 war er Chefdirigent der dortigen Rheinischen Philharmonie. Jetzt wird er viele seiner alten Weggefährten wiedersehen. "Die werden alle zum Konzert kommen." Deshalb sei die Einladung für ihn "ein schöner Zufall".

Längst hat der 1960 geborene Musiker seinen Platz im internationalen Konzertleben gefunden. Als Konzertdirigent debütierte Shao-Chia Lü 1994 mit den Münchner Philharmonikern. Es folgten Auftritte mit vielen anderen bedeutenden Orchestern wie den Osloer Philharmonikern, dem Orchestre National de France oder dem Royal Concertgebouw Orkest Amsterdam.

Nach seiner Koblenzer Zeit wechselte Lü zunächst als Generalmusikdirektor nach Hannover, wo er heute noch sein europäisches Domizil hat. Seit 2010 leitet er als Chefdirigent das Taiwan National Symphony Orchestras, mit dem er im November erstmals auf Europa-Tour gehen wird. Eine gute Gelegenheit zu zeigen, was man kann, findet er. In Deutschland wird es allerdings nur einen Auftritt geben - am 18. November in der Berliner Philharmonie.

In die Wiege gelegt wurde Shao-Chia Lü der Beruf eigentlich nicht. Zur Musik kam er, weil vor allem sein Vater als Bewunderer der westlichen Klassik großen Wert auf die musikalische Erziehung seines Sohnes legte. Shao-Chia Lü begann früh Klavier zu spielen. Gleichwohl entschied er sich nach der Schulausbildung für das Studium der Psychologie. Im Nachhinein, findet er, passe das aber sehr gut zur Musik.

Lü gilt als einfühlsamer Dirigent, der sich ganz intuitiv auf besondere musikalische Idiome einstellen kann. Das gilt auch für Dvorak, dessen fünfte Sinfonie er heute neben Werken von Brahms (Akademische Festouvertüre) und Max Bruch (Violinkonzert g-Moll mit der Geigerin Nicola Benedetti als Solistin) dirigiert. "Das Stück ist eine echte Rarität", sagt er. "Aber ich kenne Dvorak, ich kenne seine Musik. Für mich ist bei ihm die Natürlichkeit ganz wichtig. Von der deutschen Tradition hat Dvorak die motivische Arbeit gelernt. Aber die Kantabilität, die wir bei ihm finden - die hat die deutsche Musik nicht."

Konzert am Freitagabend, 20 Uhr, in der Beethovenhalle. Karten in den Bonnticketshops der GA-Zweigstellen.

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