Bonner Stadtklangkünstler Gordon Monahan Sinfonie der Großstadt

Bonn/Bad Godesberg · Der achte Bonner Stadtklangkünstler der Beethovenstiftung in der Reihe "bonnhoeren", Gordon Monahan, lässt es vor den Kammerspielen zischen und rieseln.

 Gelegentliches Zischen: Becken von der Klanginstallation.

Gelegentliches Zischen: Becken von der Klanginstallation.

Foto: Horst Müller

Dann und wann zischt es durch die Luft. Der metallische Laut eines Schlagzeugbeckens durchschneidet den monotonen Straßensound vor den Kammerspielen in der Bad Godesberger Fußgängerzone. Dann zischt es wieder, und ein weiteres Geräusch rieselt und regnet sporadisch. Kaum jemand bleibt stehen, um den akustischen Zäsuren auf den Grund zu gehen. Und nach wenigen Schritten taucht der Passant schon in das weit dominantere Klangfeld des benachbarten Brunnens ein. Gegenüber im Café ist das Gezische und Geriesele kaum erahnbar, auch der Schuhputzer an der Ecke vernimmt nichts. Dafür verdreht der Obstverkäufer, der ein paar Meter vom Eingang der Kammerspiele entfernt seinen Stand hat, die Augen. „Alle fragen, was das sein soll“, erzählt der Verkäufer, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, „keiner versteht es“. Was er denn davon halte? „Es ist schon gut, ein bisschen Kunst halt, schon okay.“

Ein Schaukasten links neben dem Theatereingang erklärt, was es mit „Klang-Spiel“ auf sich hat, die Installation, die die Fassade der Kammerspiele „in ein künstlerisch animiertes Tableau“ verwandle, wie es blumig heißt. Die Erklärung ist auf Deutsch, Englisch und Arabisch zu lesen. Das „eigentlich stumme Gebäude wird durch ein raffiniertes Spiel aus Klang und Bewegungen auf ungewohnte Weise lebendig“, verkündet die Beethoven Stiftung Bonn.

Die Wirkung des vom kanadischen Stadtklangkünstler Gordon Monahan inszenierten Sounderlebnisses bleibt moderat, knapp über der Wahrnehmungsgrenze, entfaltet je nach konkurrierender Geräuschkulisse mehr oder weniger Zauber. Letztlich zu brav. Vier über den Seitentrakten angebrachte Becken, die durch Körperschallwandler immer wieder neu in Schwingungen versetzt werden, schaffen einen filigranen Klangraum, eine Art Geräuschvorhang vor der Fassade. Die Laute folgen keiner erkennbaren Metrik oder sonstigen Ordnung – ähnlich unkoordiniert erscheint die Pendelbewegung der drei „kinetischen Regenstab-Skulpturen“. Eine bizarre, durch gelegentliches Rauschen begleitete Choreografie über dem Portal und unter dem irritierenden Schriftzug: „Was hat uns bloß so ruiniert?“

Der Titel eines 20 Jahre alten Lieds der Deutschrockband „Die Sterne“, den Generalintendant Bernhard Helmich quasi der kommenden Schauspielsaison voranstellt, die am 14. September mit „Romeo und Julia“ startet. „Hast Du denn niemals richtig rebelliert? Kannst Du nicht richtig laufen? Oder was lief schief?“, weitere Fragen, die die „Sterne“ stellen. Eine Rebellion ist Monahans „Klang-Spiel“ nicht.

Ob hier an der Fassade der Kammerspiele wirklich ein „künstlerisch animiertes Tableau“ oder eine „nuancenreiche, akustisch bewegte Schattierung der Gebäudefront“ entstanden ist, wie die Stiftung verspricht, mag jeder Passant für sich selbst entscheiden. Was Monahans Klanginstallation in jeder Hinsicht schafft, ist eine Sensibilisierung für viele Details und einzelne Spektren einer städtischen Geräuschsinfonie, die man gewöhnlich überhört oder nur als störend empfindet. Eine Entdeckung immerhin.

Monahan ist nach Sam Auinger, Erwin Stache, Andreas Oldörp, Christina Kubisch, Stefan Rummel, Max Eastley und Edwin van der Heide der bereits achte Bonner Stadtklangkünstler von "bonnhoeren", der Beethoven Stiftung seit 2010. Der 1956 im kanadischen Kingston geborene Monahan kam über die Rockmusik, das Physik-, Kompositions- und Klavierstudium zur Klang- und Performancekunst, arbeitete mit Videos und kinetischen Skulpturen, präsentierte multimediale Sound-Installationen. Als Pianist interpretierte er Kompositionen von John Cage und James Tenney, er bediente aber auch die Orgel in der Band Fuzzy Love und war Mitbegründer des Berliner Undergroundclubs „Schmalzwald“.

„Klang-Spiel“ vor den Kammerspielen Bad Godesberg. Bis 3. Oktober täglich 9.30 bis 19.30 Uhr. Weitere Informationen auf www.bonnhoeren.de

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