Beethovenfest So war das Geburtstagskonzert für Clara Schumann

Bonn · Im World Conference Center Bonn gratulierten gleich zwei Pianisten beim Beethovenfest der großen Musikerin Clara Schumann mit Klavierkonzerten. Am Abend darauf widmete sich das Beethovenfest filmisch und musikalisch dem Mond.

 Fabian Müller als Solist in Clara Schumanns Klavierkonzert.

Fabian Müller als Solist in Clara Schumanns Klavierkonzert.

Foto: Barbara Frommann

Es wäre nicht verwunderlich, wenn die Statistiker unter den Musikhistorikern einmal herausfinden würden, dass Clara Schumanns einziges Klavierkonzert noch nie so häufig an einem Tag erklungen ist wie am 13. September des Jahres 2019. Um nur einmal drei Aufführungen zu nennen: Lauma Skride spielte es in Clara Schumanns Geburtsstadt Leipzig, Ragna Schirmer in Koblenz und Fabian Müller in Bonn, wo die Musikerin neben ihrem Mann Robert begraben liegt. Diese drei Pianisten und alle weiteren, die damit an diesem Tag ebenfalls auftraten, gratulierten mit dem Klavierkonzert der großen Musikerin Clara Schumann, die zur Zeit der Komposition erst 15 Jahre alt war und noch ihren Mädchennamen Wieck trug.

Dass die Aufführung, bei der Müller im sehr gut besuchten World Conference Center Bonn (WCCB) von der Robert-Schumann-Philharmonie aus Chemnitz unter der Leitung von Gerrit Prießnitz begleitet wurde, überhaupt zustande kam, verdankt sich vor allem bürgerlichem Engagement und privaten Sponsoren, wie Elisabeth von Blomberg vom Förderverein des Beethovenfests vor dem Konzert ausführte. Ein Nichtzustandekommen wäre überaus schade gewesen. Denn das Konzert war gleich in mehrerlei Hinsicht besonders. Schon die dramaturgische Grundidee des gemeinsam mit dem Schumannfest auf die Beine gestellten Abends hatte etwas für sich: Sie bestand darin, dass die beiden aus der Schumannstadt Bonn stammenden Pianisten Fabian Müller und Jamina Gerl die Klavierkonzerte von Clara und Robert spielen würden und dazwischen als weitere Hommage die Uraufführung einer zeitgenössischen Komponistin erklingen würde. Damit hatte man die aus Polen stammende und in der Schweiz lebende Bettina Skrzypczak beauftragt.

Intimes Zusammenspiel mit dem Solocello

Nach einem Auftakt mit Ludwig van Beethovens Ouvertüre Nr. 1 zu der Oper „Fidelio“, die auch als erste Leonoren-Oouvertüre geläufig ist, folgte gleich das Klavierkonzert in a-Moll von Clara Wieck. Ein geeigneterer Interpret als Fabian Müller lässt sich da kaum denken. Den selbstbewusst majestätischen Tonfall, den Clara Wieck im ersten Satzes anschlägt, lässt der junge Pianist mit kraftvollem Zugriff zu klang werden, wunderbar gelingt ihm das fast intime Zusammenspiel mit dem Solocello im zweiten Satz. Hier zeigte sich Müllers sensibles Gespür für Melodik und Stimmung. Sein sehr kultivierter, feiner Anschlag adelte auch den dritten Satz, dessen pianistische, mitunter an Chopin erinnernde Brillanz eine echte virtuose Herausforderung darstellt. „Ich bin, ehrlich gesagt, immer sehr beeindruckt von diesem Konzert, das Clara ja im Alter von 15 Jahren komponiert hat“, sagte Müller anschließend, bevor er eine klanglich sehr feinsinnige Interpretation des introvertierten späten Intermezzos aus op. 117 in Es-Dur von Johannes Brahms als Zugabe spielte.

Skrzypczaks kompositorische Hommage an Clara Schumann arbeitet nicht mit Zitaten, sondern mit Stimmungen und einem fragilen System aus Reiz und Reaktionen, das ein Versuch ist, die Beziehung zwischen dem Musikerehepaar musikalisch auszuleuchten. Das geschieht auf klanglich sehr subtile Weise innerhalb des sehr fein komponierten und vor allem auch instrumentierten Stücks, das vom Orchester unter der Leitung des gebürtigen Bonners Prießnitz in schöner klanglicher Balance gehalten wurde.

Zum Finale betrat dann Jamina Gerl die Bühne und setzte mit Robert Schumanns Klavierkonzert, das wie Claras in a-Moll steht, einen markanten Schlusspunkt. Sie spielte das Werk mit virtuosem Zugriff und großer Hingabe, verlieh ihm Brillanz und im Intermezzo auch eine schöne Grandezza. Dafür gab es begeisterten Applaus, für den sie sich mit dem langsamen Satz aus Schumanns Klaviersonate op. 11 bedankte.

Wer am Samstagabend aus dem WCCB hinaustrat und auf den runden vollen Mond am Himmel schaute, wird wohl sogleich wieder an das Bild denken, das Georges Méliès 1902 in seinem Stummfilm „Le Voyage dans la Lune“ (Die Reise zum Mond) zeigte, der zu Beginn des abends mit dem Orchestra of the Age of Enlightenment zu sehen war. Da macht sich eine Gruppe von Astronomen in einer Kapsel, die von einer riesigen Kanone abgeschossen wird, auf zum Mond, trifft auf feindselige Mondbesucher, kann aber in letzter Sekunde wieder mit der Kapsel entkommen. Der Jazzpianist Pablo Held begleitete das gut viertelstündige Werk, das in seiner handkolorierten Fassung ein hübsches und frühes Beispiel für das Fantasy-Genre ist.

Beethovens sechste Sinfonie

Dem zum Beethovenfest-Motto „Mondschein“ passenden filmischen Auftakt folgten die Ouvertüre und zwei Arien aus Joseph Haydns komischer Oper „Il mondo della luna“, die vom Orchester unter der Leitung von Adam Fischer überaus munter und lebendig dargeboten wurde. Da fügte sich der Bariton Dominic Sedgwick bestens ein, der die Arien „Che mondo amabile“ und „La ragazza col vecchione“ mit schön timbrierter Stimme und rossinihaftem Witz vortrug.

Danach erklang sozusagen eine Alternativ-Interpretation zu Beethovens sechster Sinfonie, die im Eröffnungskonzert bereits mit der Philharmonia Zürich unter Leitung von Jukka-Pekka Saraste auf traditionellen Instrumenten zu hören war und nun in originalem Klanggewand gespielt wurde. Der Unterschied war signifikant: Der Ungar Adam Fischer und seine britischen Musiker spielten akzentuierter, markanter, weniger romantisierend. Die „Szene am Bach“ arbeiteten sie klanglich zauberhaft heraus, und das Gewitter machte ordentlich Effekt. Der Klang der Instrumente tat ein Übriges, den Charakter der Interpretation zu unterstreichen. Man hörte, dass die Musiker ihre Instrumente auf höchstem Niveau spielen, was nicht bedeutet, dass alles glatt lief. Den insgesamt überragenden Hornisten entglitt der Schluss leider sehr hörbar. Was bei diesen empfindlichen Instrumenten freilich den besten Virtuosen immer mal wieder passiert. Das Publikum nahm es ihnen denn auch nicht übel und jubelte ausgiebig.

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