Sonderkonzert mit Pierre-Laurent Aimard beim Beethovenfest

Pianist spielt die ersten drei Klavierkonzerte von Beethoven

Sonderkonzert mit Pierre-Laurent Aimard beim Beethovenfest
Foto: Horst Müller

Bonn. Wenn ein Pianist dem Publikum den Rücken zukehrt und der Flügel seines Instruments weit ins Orchester hineinragt, ist das ein ziemlich eindeutiges Signal: Hier sitzt einer, der mehr Dialogpartner des Orchesters als Solist sein möchte.

Diese Geste passt ja auch irgendwie zum künstlerischen Ethos des Pianisten Pierre-Laurent Aimard. Die Pose des Virtuosen scheint dem Franzosen jedenfalls völlig fremd, statt auf Liszt und Rachmaninow setzt er lieber auf die komplexen Klavierwerke eines Boulez, Stockhausen, Ligeti oder Messiaen. Oder Beethoven. Aimard ist, was sein Repertoire angeht, ebenso vielseitig wie wählerisch. Das gilt für die Moderne wie für die Tradition.

Beim Sonderkonzert des Beethovenfests stand nun allein Beethoven auf dem Programm, und zwar die ersten drei Klavierkonzerte, die Aimard in der Reihenfolge ihrer Entstehung spielte, weshalb er mit dem zweiten begann.

Mit dem Chamber Orchestra of Europe, das ihn nach Bonn begleitete, hat Aimard den Zyklus der fünf Beethovenschen Klavierkonzerte schon einmal gespielt. Das war vor gut sechs Jahren in Graz, damals unter der Leitung von Nikolaus Harnoncourt. Diese ungewöhnliche Konstellation, in der ein Solist mit Faible für die Moderne und der Pionier der historischen Aufführungspraxis zusammentreffen, hatte damals für einiges Aufsehen gesorgt. Das auch auf CD festgehaltene Ergebnis wurde von Publikum und Kritik gefeiert.

In der fast ausverkauften Beethovenhalle hörte man nun aber nicht eine Harnoncourt-Interpretation ohne Harnoncourt, sondern eine ganz und gar eigenständige Darstellung der drei Werke. Aimard nutzte die Chance der absoluten Interpretationshoheit und erzielte, vom Klavier aus dirigierend, ein äußerst homogenes Bild, man hörte aufeinander, schien gemeinsam zu atmen. Jeder Einsatz kam mit einer Präzision, die nicht auf Effekt aus war, sondern im Fluss der Musik ganz natürlich und selbstverständlich wirkte.

In den Tempi neigt Aimard keineswegs zu Extremen, aber auch wenn er mal richtig Gas gibt, wie im Finale des C-Dur-Konzerts, überschreitet er nie die Grenze, hinter der es nur noch gehetzt wirkt. Man hatte dies auch schon im ersten Satz des eröffnenden B-Dur-Konzerts erleben können, dessen Thema er im Orchester sehr plastisch artikulieren ließ, was in seinen solistischen Ausführungen ein genaues Äquivalent fand. Aimards Herangehensweise ist dabei von großer sinnlicher Qualität. So wie er etwa die Töne des dritten Satzes tanzen lässt, verbreitet das einen ganz eigenen Zauber.

Auch der Kopfsatz des C-Dur-Konzerts erklang wunderbar leicht und duftig, der Marschrhythmus wirkte trotz der markigen Einwürfe durch die Ventil-losen Naturtrompeten alles andere als martialisch. Aimard und die Orchester-Musiker erzielten hier eine ganz einzigartige Balance. Das Largo erhielt eine Tiefe, die wohl nur durch solch ein feinnerviges Spiel zu erzielen ist, wie Aimard es vorführte.

Auch der langsame Satz des dritten Konzerts fesselte ungemein. Sehr schön im Mittelteil der Rollenwechsel, wenn der Pianist hier die Dialoge der Holzbläser begleitet: Aimards mit leichter Hand gespieltes Figurenwerk trug sie wie eine Wolke.

Nach einem furiosen, mitreißenden Finalsatz, in dem Aimard sich noch einmal als Virtuose mit makelloser Technik präsentierte, zeigte sich das Publikum in der Beethovenhalle hingerissen. Für den Applaus erhob man sich von den Sitzen. Schön, dass Pierre-Laurent Aimard und das Chamber Orchestra of Europe, am 29. September wieder nach Bonn kommen, um die Konzerte Nr. 4 und 5 zu spielen.

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