Bonner Kunstverein Stadtklangkünstler der Beethovenstiftung startet sein Projekt

Bonn · Geübte Ohren hören hier eine große und eine kleine Terz", erläutert Andreas Oldörp und weist noch auf die mitschwingenden Obertöne hin. "Und jetzt kommt ein Cis dazu", erklärt er, "das bringt Reibung." Der weniger geübte Hörer würde in der Ausstellung Oldörps im Bonner Kunstverein zunächst eher ein ostinates, tiefes Brummen identifizieren, dann herausfinden, dass offensichtlich drei Brumm-Quellen aktiv sind und die Klanghöhe differiert.

Und er würde sich wundern, wie die drei deutlich hörbaren Klangquellen mit drei schlanken Stelen zusammenhängen mögen, die jeweils ein zartes Gasflämmchen in den ansonsten völlig leeren Kunstvereins-Raum aussenden.

Sehen und Hören gehen hier eine ideale Verbindung ein, meint Oldörp, denn seine Klanginstallation "1_continuum" basiert auf dem Prinzip der singenden Flamme, eine Entdeckung des 19. Jahrhunderts. Damals fand man heraus, dass eine Gasflamme in einem Glaszylinder Töne erzeugt, nannte das Ganze vollkommen falsch eine "Chemische Harmonika", konstruierte gar aus verschiedenen singenden Flammen ein Feuerklavier, wie die Zeitschrift "Gartenlaube" 1877 berichtete.

Der 1959 in Lübeck geborene, in Hamburg lebende Oldörp startete gestern mit "1_continuum" sein Stipendium als "Stadtklangkünstler 2012" der Beethoven Stiftung für Kunst und Kultur. Er ist nach Sam Auinger (2010) und Erwin Stache (2011) der dritte Stadtklangkünstler des "bonn hoeren"- Projekts, der in der Stadt arbeiten wird und auch Spuren hinterlassen will. Vor der Präsentation des neuen Stadtklangkünstlers gestern Abend wurde die Beethovenstiftung für "bonn hoeren" mit einem Preis der Standortinitiative "Deutschland - Land der Ideen" ausgezeichnet. Bonn ist somit einer der 365 ausgewählten Orte 2012.

"1_continuum" bietet bis zum Sonntag einen ersten Einblick in das Werk des Künstlers, der seit 1988 das Verhältnis von Klang und Raum erforscht. Der Rest ist Experiment: Oldörp will sich erst einmal inspirieren lassen von "Bonn, dieser wunderbar handhabbaren Stadt mit vielen Anknüpfungspunkten". Stadtgeräusche mit Lärmverschmutzung gleichzusetzen, sei nicht zielführend, "es gibt gute und böse Klänge", seine Spezialität sei die "Klangenergie", meint Oldörp. Die sei keine Musik, liege vielmehr auf einer Linie mit Licht und Wärme.

"Was passiert, wissen wir noch nicht", sagt der Musikwissenschaftler Carsten Seiffarth, Kurator von "bonn hoeren", "wir wollen, dass sich Oldörp hier in Bonn entwickelt". Ein Baustein sind "Stadtklangforen" wie heute, 19 Uhr, im Kunstverein, wenn der Künstler mit Günter Seubold (Alanus-Hochschule) und der Berliner Musikwissenschaftlerin Helga de la Motte über das Thema "Klangarchitekturen" diskutiert. Raoul Mörchen moderiert. Ein weiteres "Stadtklangforum" widmet sich am 28. Juni "Urbanen Hörräumen" Oldörp wird mit Studenten der Musikwissenschaft der Universität Bonn und Architekturstudenten der Alanus-Hochschule arbeiten. Und er hat Kontakt mit dem Orgelbauer Klais aufgenommen. Dabei geht es wohl auch um Oldörps noch geheimes Abschluss-Projekt für Bonn, das der Hamburger am 7. Oktober präsentiert.

Bonner Kunstverein, Hochstadenring 22; bis 27. Mai. Am Donnerstag bis 19 Uhr, Fr-So 11-17 Uhr

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