Finale der Lit.Cologne Staunen über die Schöpfung

Köln · Zum Finale der Lit.Cologne sprach Wolfgang Niedecken im WDR-Sendesaal. Journalist Joachim Frank, Komikerin Cordula Stratmann und Annette Frier haben in stimmungsvoller Umgebung im Kölner Dom vorgelesen.

 Annette Frier liest im Kölner Dom.

Annette Frier liest im Kölner Dom.

Foto: Nabil Hanano

Seit sieben Jahren hat sich die Lit.Cologne auch dem Liedtext als literarische Form verschrieben. „Dieses Jahr bin ich besonders stolz darauf, weil die schwedische Akademie endlich unserem Beispiel gefolgt ist und Bob Dylan den Nobelpreis verliehen hat.“ Mit dieser launigen Begrüßung stellte Festival-Macher Rainer Osnowski im ausverkauften großen Sendesaal des WDR den Kölner Musiker und Autor Wolfgang Niedecken vor. Die gute Laune übertrug sich gleich ins Publikum, zumal Niedecken seinem eloquenten Moderator direkt versprochen hatte: „Wir machen das schön aus der Hüfte heraus.“

Und so wurde das Gespräch zwischen BAP-Frontmann und Markus Feldenkirchen zu einem gleichsam informativen wie unterhaltsamen Abend – so, als würde man zwei alten Freunden bei ihrem Plausch zuhören. Und auch Niedecken ist stolz darauf, dass er mit seiner kölschen Version („Vill passiert sickher“) von „My back pages“ Dylan Referenz erweisen konnte: „Der hat dieses altersweise Lied schon mit 23 Jahren geschrieben“, sagt er bewundernd, greift zu Gitarre und Mundharmonika und wird zum kölschen Dylan.

Auf die Frage „Wie entsteht ein BAP-Song“ erinnert sich Niedecken an die Gründungsjahre der Band: „Es gab Zeiten, da dachte ich, man müsste unbedingt bekifft sein, um ein Lied zu schreiben. Mit dem Älterwerden reichte dann ein Glas Rotwein. Heute inspiriert mich schon der Rheinblick von meinem Schreibtisch aus.“

Natürlich gab es in der Bandhistorie auch mal den Konflikt, ob man die Lieder nicht in hochdeutsch oder sogar englisch schreiben sollte. „Aber da bin ich stur geblieben, weil ich das so nie singen könnte.“ Für Niedecken ist es ein großes Privileg, „wenn die Leute sich die Mühe geben, dahinter zu kommen, was ich da singe.“ Und er bedauert zutiefst das Aussterben der Dialekte: „für mich war Deutsch meine erste Fremdsprache.“ ⋌

Lesung im Kölner Dom

Bunt wie das Richter-Fenster sah es in den Reihen aus, als am Samstagnachmittag 1500 Pänz und Erwachsene zur ersten Lit.kid.Cologne-Lesung im Dom kamen. Nach drei grandiosen Lesungen für Erwachsene in den Vorjahren gestaltete der Journalist Joachim Frank hier zum ersten Mal ein Programm vor allem für junge Zuhörer. Wo komme ich her? Wo gehe ich hin? Wie und wann entstand das Leben, warum und wozu lebe ich? „Das sind die fundamentalen Fragen des Menschen“, so Dompropst Gerd Bachner. Bei der Suche nach Antworten hilft Rainer Oberthürs „Buch vom Anfang von Allem“. Und das beweist, so Frank: „Alle Dinge können wir doppelt anschauen“.

Zum Beispiel in der Naturwissenschaft, die die Entstehung des Lebens vom Urknall an erforscht. Oder in der biblischen Schöpfungsgeschichte von Gott, der die Welt in sieben Tagen erschaffen hat. Von beidem erzählt der Aachener Religionspädagoge und Autor Oberthür.

Unsere Geschichten vom Anfang der Welt, die von den Tatsachen und die des spirituellen Geheimnisses, kann man im Buch unabhängig voneinander lesen.Was der hinreißend gestaltete Band durch Layout, Farbverläufe und Bilder veranschaulicht, reduzierte die Lesung auf zwei Stimmen. Dass „Kölns schönster Lesesaal“ (Frank) mit seinem Hall für die Komikerin Cordula Stratmann eine Nummer zu groß war, erwies sich dabei vom ersten schlecht intonierten Satz an als Problem – ob viele Kinder den naturwissenschaftlichen Parts folgen konnten, sei dahingestellt.

Zum Glück aber las im Wechsel Schauspielerin Annette Frier die uralte Schöpfungsgeschichte: „Im Anfang war das Wort“ begann sie mit sparsamer Orgelbegleitung und sorgte ein ums andere Mal mit der ergreifend schlichten Sprache der Genesis in der gewaltigen Kathedrale für Gänsehaut: „Es wurde Abend und es wurde Morgen: ein erster Tag.“ Nach einer Stunde Staunen über das Werden von Sternen und Universum, Mensch und Tier, Herz und Hirn blieben am Ende die großen Fragen naturgemäß offen – aber auch die Ahnung, dass es mehr als Tatsachen gibt. Oberthür empfand die Lesung seines Buchs als „umwerfend berührend“, und das war sie.

Rainer Oberthür: Das Buch vom Anfang von allem. 112 S., Kösel, 17,99 Euro, empfohlen ab acht Jahren

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