Orchesterchef in Bonn Stefan Blunier will seinen Vertrag nicht verlängern

BONN · Man hat ein bisschen den Eindruck eines Schiffes, das zwischen gefährlich aufragenden Felsen hindurchschlingern muss, wobei die Fahrrinne so eng ist, dass Kollisionen nicht zu vermeiden sind.

Auf der einen Seite stehen in sechs Jahren die Feierlichkeiten zu Beethovens 250. Geburtstag an, auf der anderen Seite sieht die Stadtspitze wegen der zugespitzten Finanzlage der Stadt Einsparungen in der Kultur als unumgänglich an. Den Sparzwängen wollte schon der frühere Generalintendant Klaus Weise sich nicht beugen, jetzt wirft sein langjähriger Weggefährte, Bonns Generalmusikdirektor Stefan Blunier, ebenfalls das Handtuch: Der 49-jährige will seinen 2016 auslaufenden Vertrag mit der Stadt Bonn nicht mehr verlängern.

Im Fall von Stefan Blunier ist die Lage allerdings etwas weniger konkret, als dies bei Weise der Fall war, der 2011 die Verhandlungen zur Vertragsverlängerung ausschlug. Weise hatte damals mit 3,5 Millionen Euro ein konkretes Sparziel zu erfüllen, der Chef des Beethoven Orchesters bislang nicht.

Aber aus seiner Sicht sind die Signale von der Stadt deutlich genug. In einer Pressemitteilung, die er am Freitag verbreiten ließ, heißt es: "Nun scheint sich aber ein politisch gewollter Umschwung zu konkretisieren: Neben der erneuten Sparauflage in der Oper soll die Personalstärke des Beethoven Orchester Bonn - einem Flaggschiff, wie es Herr OB Nimptsch gerne öffentlich nennt - um sechs Stellen reduziert werden und auch dem Etat drohen weitere Einschnitte.

Dies kann ich nicht mit meinen künstlerischen Intentionen und meinem Sinn für Qualität vereinbaren", erklärte Blunier. "Die Nachhaltigkeit des demotivierenden Signals und die mutwillige Zerstörung einer weiteren kulturell erfolgreichen Institution werden die Politik und die Verwaltung alleine zu verantworten haben."

Auf Nachfrage des General-Anzeigers erläuterte der aus Bern stammende Dirigent, dass die Vertragsverhandlungen über eine Verlängerung für ihn wenig erfreulich ausgefallen seien. Blunier: "Das Angebot, das die Stadt mir machte, ist nach meinem Empfinden deutlich schlechter als mein erster Vertrag von 2008. Das sehe ich als Signal, dass man mich weghaben will."

Die in Bluniers Begründung angeführten sechs Orchesterstellen sind indes noch eine Altlast, die der Generalmusikdirektor seit Beginn seiner Bonner Amtszeit mitschleppt. Der Rat hatte damals bereits die Kürzung beschlossen, deren Umsetzung Blunier aber in den folgenden Jahren immer erfolgreich hatte abwehren können. Jetzt, so fürchtet er, werde sich das nicht mehr verhindern lassen.

Derzeit besteht das Orchester aus 106 Musikern. "Aber es ist ja nicht so, dass ich hier ein Luxus-Objekt mit vielen Menschen habe, sondern ich muss das qualitative und quantitative Angebot, das die Stadt von mir und dem Orchester erwartet, auch erfüllen können." Dazu würden das Education-Programm ebenso gehören wie die vom Orchester zu stemmende deutliche Erhöhung der Opernvorstellungen ab der kommenden Saison. "Das lässt sich mit weniger Musikern kaum machen", sagt Blunier.

Für Bonns Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch ist Bluniers Begründung nicht nachvollziehbar, wie er am Freitag mitteilen ließ: "Ich habe Herrn Blunier erst kürzlich bei der öffentlichen Vorstellung des Programms des Beethoven Orchesters zugesichert, dass unser kulturelles Flaggschiff auch wie ein Flaggschiff ausgestattet sein wird.

Es gibt von meiner Seite keinerlei Vorhaben, dem Orchester das Budget zu kürzen. Es gibt derzeit auch überhaupt keinen Grund anzunehmen, dass der Rat vor dem Hintergrund des 250. Geburtstages von Ludwig van Beethoven von seiner bisherigen Haltung abweichen wollte."

Konkrete Pläne für die Zeit nach Bonn hat Blunier nach eigener Aussage noch nicht. "Ich will nach Bonn erst einmal nichts machen", sagt er. "Es geht mehr ums Signal. Ich war dann acht Jahre hier. Das ist eine lange Zeit. und da kann man auch mal etwas Neues machen."

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