Beethovenhalle Stimmung bei der Premiere von "BOB goes Jazz"

BONN · Oft geht es in Symphoniekonzerten zu wie in einem Tempel. Die befrackten Priester zelebrieren das klassisch-romantische Repertoire. Wenn es mal etwas flotter sein darf, wird dann gerne zu Gershwin gegriffen.

 BOB-Jazz: Stefan Blunier (rechts) und Stefan Schulz.

BOB-Jazz: Stefan Blunier (rechts) und Stefan Schulz.

Foto: Hagen

Ganz anders in einer neuen Reihe des Beethoven Orchesters, die am Samstag als Sonderkonzert unter dem Titel "BOB goes Jazz" mit überwältigendem Erfolg in der voll besetzten Beethovenhalle startete. Der Name Bob steht dabei für die Initialen des Beethoven Orchesters Bonn.

"Diese neue Serie bietet Programme, die nichts für ein normales Symphoniekonzert wären", erläuterte ein blendet aufgelegter Generalmusikdirektor Stefan Blunier, der den Abend auch flott und informativ moderierte. "Dieses Konzert soll auch mehr ein Happening mit Überlänge und Extras sein."

Mit "Extra" war diesmal das Marcus Schinkel Jazztrio gemeint, das nach dem Konzert zu einer Session ins Foyer einlud. Mit einer Uraufführung und einem weiteren zeitgenössischen Werk ging das Programm mutig und engagiert weit über das hinaus, was man so unter symphonischem Jazz verstehen könnte.

In Gegenwart des Komponisten Mark-Anthony Turnage hob Blunier das "Erskine"-Konzert für Drumset und Orchester als Auftragswerk aus der Taufe. Solist war einer der führenden US-Schlagzeuger: Peter Erskine. Ob in den Solo-Kadenzen, ob mit den Orchester-Schlagzeugern zusammen oder ob mit Riesenbesetzung: Erskine ließ mit seinem furiosen Spiel die Jazz-Fans jubeln und die Klassik-Fans staunen.

Die Sätze tragen Jazz-Titel wie "Stomp" oder "Blues". Was man alles aus der Bassposaune herausholen kann, präsentierte der erstklassig spielende Stefan Schulz in "subZERO", Konzert für Bassposaune und Ensemble, das der Schweizer Daniel Schnyder 1999 komponierte: Vom schmelzenden Gesang über rasant jagende Passagen bis zum dumpfen Gepolter kitzelte Schulz alle Möglichkeiten dieses Virtuosen-Konzertes heraus.

Dass man aus klassisch ausgebildeten Orchestermusikern auch eine vorzügliche Big Band bilden kann, wurde in dem witzigen, zum Teil gar schrulligen Werk "Prelude, Fugue and Riffs" von Bernstein bewiesen. Von Bernstein ist der Weg nicht weit zu Gershwin, dessen "Cuban Overture" und sein prächtig bunt gestalteter "Amerikaner in Paris" rahmten das Programm absichernd ein. Hatte man vielleicht doch Angst vor der eigenen Courage? Wenn ja, wäre sie unnötig gewesen.

Der Jubel am Ende sprach für sich. "Hier dürfen die Mädchen auch ruhig mal kreischen, was sie ja bei Bruckner und Mahler nicht tun", heizte Blunier vor der Zugabe noch mal ein. Und einem Gekreisch kam es schon ziemlich nahe, als dann munter-brutal "Lollapalooza" von John Adams tobend in Szene gesetzt wurde.

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