Schnell wieder Publikum Strategien für den Wiedereinstieg für Bonner Museen

Bonn · Die Bonner Museumsszene ist vielgestaltig: Bundeshäuser, städtische und universitäre Museen, private Institutionen.Entsprechend unterschiedlich sind die Vorstellungen für den Weg zur Wiedereröffnung. Eines wollen sie alle: Bald wieder Publikum haben.

 Da war die Welt noch in Ordnung: (von links) Wenzel Jacob, Anna Niehoff, Stephan Berg und Margarete Noël vor einem der letzten Bilder des vor zehn Jahren gestorbenen Malers Martin Noël beim Aufbau der Retrospektive. Zwei Tage nach Eröffnung wurde die Ausstellung geschlossen.

Da war die Welt noch in Ordnung: (von links) Wenzel Jacob, Anna Niehoff, Stephan Berg und Margarete Noël vor einem der letzten Bilder des vor zehn Jahren gestorbenen Malers Martin Noël beim Aufbau der Retrospektive. Zwei Tage nach Eröffnung wurde die Ausstellung geschlossen.

Foto: Benjamin Westhoff

„Noch ist der Optimismus da, aber man will endlich loslegen, das Fahren mit angezogener Handbremse ist schwierig“, so charakterisiert Stephan Berg, Intendant des Kunstmuseums Bonn, seine Stimmungslage und die seiner Kollegen. Seit dem Lockdown am 13. März, der Schließung vieler Kultureinrichtungen, einschließlich der Museen,  herrscht hinter den Kulissen Betriebsamkeit und kursieren Szenarien, wie man sich nach der Krise wieder positionieren kann. Mit originellen Internet-Beiträgen versuchen Häuser, allen voran das Kunstmuseum, ihr Publikum bei Laune zu halten. Aber wichtig sei, so Berg auch, die logistischen Voraussetzungen für den Wiedereinstieg zu schaffen. Er geht vom 4. Mai aus. Ab dann sei ein stufenweiser Einstieg möglich.

In  Telefonkonferenzen haben sich Berg, Hans Walter Hütter (Haus der Geschichte), Malte Boecker (Beethoven-Haus), Patrick Schmeing (Bundeskunsthalle) und Ingrid Botsch (Stadtmuseum Bonn) über einen möglichen Maßnahmenkatalog unterhalten. Eng abgestimmt mit Professor Martin Exner vom Institut für Hygiene und öffentliche Gesundheit der Bonner Uniklinik sprach man über eine teilweise Öffnung der Ausstellungshäuser. Bereits im Februar hatte Boecker, so Berg, Kontakt mit Exner aufgenommen. Damals sei es darum gegangen, wie man angesichts der herannahenden Coronawelle Ausstellungen möglichst lange offenhalten könne. Die Entwicklung stoppte alle Pläne.

Maßnahmen und Pläne

Der Maßnahmenplan, der sich weitgehend mit den Empfehlungen des Deutschen Museumsbundes deckt, umfasst Hinweise auf Sicherheitsregeln und Infektionsrisiken, die Aufstellung von Handspendern für Desinfektionsmittel im Eingang der Institutionen und vor den Toiletten, WHO-Hinweistafeln zur Handhygiene in den Toiletten, Mund- und Nasenschutzpflicht für Personal, Aufsichtskräfte und Besucher, Einweghandschuhe für Kassenkräfte, Plexiglasschutz an den Kassen, Brillenpflicht für Personal und Verzicht auf Mediaguides.

Weitere Maßnahmen: Bei offensichtlich Erkrankten soll das Hausrecht wirken, die Besuchermenge soll begrenzt werden (zum Beispiel zehn Quadratmeter pro Besucher), Gruppenbildungen sollen verhindert werden, Abstandsmarkierungen für Besucherschlangen, Verzicht auf öffentliche Führungen und Eröffnungsveranstaltungen.

Das wären, so Berg, Standards, mit denen man nach dem 4. Mai Zug um Zug öffnen könnte. Eine große Frage für den Intendanten ist, inwiefern das Publikum wieder offen für die Museen ist, wie weit die „Bereitschaft zur Normalität“ nach dem Lockdown gediehen ist.

Vom Programm her haben Berg und sein Team an allen Schrauben gedreht. So wird die Ausstellung von Martin Noël, die erst zwei Tage vor der Schließung der Museen eröffnet wurde und zu der bereits ein Katalog erschienen ist, bis zum 13. September verlängert. Drei Wochen nur lief die Schau von Candice Breitz. Dann war Schluss. Berg lässt die ambitionierte Videokunst-Schau nun bis Anfang August laufen, was auch durch die Großzügigkeit des Mediendienstleisters RG Pro möglich wurde, der auf eine zusätzliche Miete des Equipments verzichtet. Die Ausstellung zum Dorothea-von-Stetten-Preis wird auf Mitte November verlegt, die zum Bonner Kunstpreis startet nun im September. Geblieben ist die Jawlenski-Schau Anfang November.

Für das Aus der mit Spannung erwarteten Sammlungs-Rochade im gesamten Dauerausstellungsbereich, deren Eröffnung am 3. Mai geplant war, gibt es einen einfachen, profanen Grund: Die Abstandsregeln von zwei Metern erlauben nicht, dass das technische Personal Bilder an die Wand hängt.

Völlig in der Luft hängt die Schau „Sound and Silence“ zum Beethovenjahr, die Mitte Juni eröffnet werden soll. Da die Beethoven-Jubiläumsgesellschaft im Zuge der Corona-Krise alle Gelder eingefroren habe, stehe das Projekt, so Berg, auf der Kippe. Erst nach der Tagung des Aufsichtsrats am 24. April wisse man mehr. Berg kann zum geplanten Start immerhin den Katalog vorlegen. Am liebsten würde er die Schau in den Herbst 2021 verlegen.

Bis auf Weiteres geschlossen

Das Haus der Geschichte bleibt laut Präsident Hans Walter Hütter bis auf Weiteres geschlossen. „Wir werden ab den 4. Mai den internen Dienstbetrieb wieder hochfahren“, sagte er dieser Zeitung, aber die Häuser der Stiftung Haus der Geschichte in Bonn, Berlin und Leipzig bleiben geschlossen. „Ich sehe im Moment keine konkreten Daten für die Wiedereröffnung“, meint der Stiftungschef. Momentan entwickele man Szenarien für die sehr unterschiedlichen Häuser. Außerdem warte man auf die nächste Corona-Runde des Bundes und der Ministerpräsidenten der Länder.

Günter Wienands, Amtschef bei der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, Hütters Chef, habe in der momentanen Situation die Priorität der Gesundheit für Personal und Besucher betont. Die Schließung betreffe, so Hütter, auch die in der neuen Lounge untergebrachte Bibliothek des Hauses der Geschichte. Pressesprecher Peter Hoffmann hält es für ausgeschlossen, den für den 11. Mai geplanten Start der Ausstellung zum Beethovenjahr zu realisieren. Eine Verschiebung in den Herbst sei wahrscheinlich. Die würde weitere Verschiebungen nach sich ziehen, „eine äußerst komplizierte Planung“.

Die Bundeskunsthalle bleibt auf jeden Fall bis zum 3. Mai geschlossen, so steht es auf der Homepage. Und die Wiedereröffnung? Pressesprecher Sven Bergmann: „Wir arbeiten auf die Eröffnung am 5. Mai hin.“ Bergmann weist aber darauf hin, dass man natürlich die Anordnungen der Politik abwarten müsse und man dann sehen müsse, wie man alles organisiert.

In der kommenden Woche wird die große Beethoven-Ausstellung abgebaut, an einer Verlängerung der Schau „Wir Kapitalisten“, die einen Tag vor dem Shutdown eröffnet wurde, werde, so Bergmann, gearbeitet. Ohnehin aber läuft sie bis zum 12. Juli. Während der Corona-bedingten Schließung des Hauses wären zwei Ausstellungen eröffnet worden, eine mit Stipendiaten der Ebert-Stiftung, eine andere mit dem Titel „State of the Art“. Beide Ausstellungen sollen „so schnell wie möglich“ realisiert werden, sagt Bergmann, „wir müssen zeitnah in den Fluss kommen“.

Das Beethoven-Haus verkündet auf seiner Homepage, dass alle Veranstalungen und Museumsangebote „bis auf Widerruf“ abgesagt werden. Auch der Shop bleibe geschlossen.

„Die Museen und Kulturdienststellen des Landschaftsverbandes Rheinlandes (LVR) bleiben vorerst bis einschließlich 3. Mai 2020 geschlossen“, verkündet des LVR, zu dem das Bonner LVR Landes-Museum gehört. „In Vorbereitung auf die schrittweise Wieder-Eröffnung nach dem 3. Mai 2020 entwickeln die Museen und Kulturdienststellen mit Publikumsverkehr nun einen Maßnahmenkatalog, der die aktuellen Schutz- und Hygienevorgaben im vollem Umfang berücksichtigt. Somit soll eine abgestufte Öffnung ermöglicht werden“, heißt es weiter.

Klara Drenker-Nagels wartet ab.  Die Direktorin des Museums August Macke Haus ist gespannt auf die amtlichen Anordnung, macht sich aber schon Gedanken über Schutzmaßnahmen und Zutrittsbegrenzungen. „Das alles dürfte nicht so kompliziert sein, weil sich das Publikum in unserem Haus ganz gut verteilen kann“, sagt sie. Die Ausstellung „Nach Stich und Faden“, die nur eine knappe Woche bis zur Schließung lief, wird bis Ende Oktober verlängert. Die für den Sommer geplante Ausstellung „Italiensehnsucht“ – ohnehin kein so passendes Thema, wie Drenker-Nagels meint – wird auf kommendes Jahr verschoben.

Beim Arithmeum, Frauenmuseum und den Museen der Universität gibt es online fast gleichlautende Auskünfte: Bis auf Weiteres geschlossen.

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