Matinee im Kunstverein Streitbare Kulturarbeiterin

Bonn · Der Bonner Kunstverein würdigt das Engagement der verstorbenen Margarethe Jochimsen mit einer Matinee. Sie war die erste Leiterin des August Macke Hauses und langjährige Direktorin des Bonner Kunstvereins.

 Am Boden: Ulrike Brand bei ihrer Performance während der Feierstunde.

Am Boden: Ulrike Brand bei ihrer Performance während der Feierstunde.

Foto: Benjamin Westhoff

Beharrlich, manchmal sympathisch unbequem“, so beschrieb Bonns damaliger Oberbürgermeister Hans Daniels die Vorgehensweise der Margarethe Jochimsen, als das August Macke Haus, dessen Rettung vor Abriss oder Fehlnutzung letztlich ihr zu verdanken ist, 1991 eröffnet wurde. Jetzt, da sie gestorben ist und Freunde und Wegbereiter ihr eine von Ruth Diehl und Barbara Weidle initiierte Matinee gewidmet haben, durchzogen Synonyme oder Umschreibungen dieser Charakterisierung die vorgetragenen Würdigungen.

Da sie nicht nur erste Leiterin des musealen August Macke Hauses, sondern auch langjährige Direktorin und Vorsitzende des Bonner Kunstvereins war, leitete Henning Boecker, jetzt 1. Vorsitzender des Vereins, das gesprochene Programm ein. Es gab nämlich auch die Dialoge der Performance-Künstlerin Ulrike Brand mit ihrem Cello, avantgardistische Beweise der Offenheit des Kunstvereins für das Ungewohnte, und eine fortlaufende Projektion mit Fotos der Verstorbenen.

Boecker verwies humorvoll auf die leeren Taschen der monumentalen Hosen, die die Amerikanerin Amanda Ross-Ho gegenwärtig im Kunstverein zeigt, als Sinnbild der klammen Kassen. Folgerichtig warb Michelle Cotton, Direktorin des Vereins mit „internationalem Ansehen“, um zahlende Mitglieder: „Schenken Sie, spenden Sie eine Mitgliedschaft!“ Immerhin sei Bonn durch den Kunstverein auch eine Stadt der zeitgenössischen Kunst.

Umstrittenes Engagement

Annelie Pohlen, ihre Vorgängerin im Amt von 1986 bis 2002, bekannte: „Erbe verpflichtet. Aber wozu?“ Margarethe Jochimsen agierte vorbildlich zukunftsgewandt, ihre Ausstellungsprojekte und ihr Engagement für Künstlerinnen waren wegweisend. Allerdings „wurde ihr anstrengendes Kunstverständnis in der Stadt nicht gern wahrgenommen“. Jochimsen zählte zu den Begründern der Arbeitsgemeinschaft deutscher Kunstvereine.

Der 1. Vorsitzende des Vereins August Macke Haus, Hermann Neusser, sprach von ihrer „unnachahmlichen Beharrlichkeit“, von ihrer Initiative zur Rettung des Macke Hauses, längst Zentrum der rheinischen Expressionismusforschung in Kooperation mit dem Kunsthistorischen Institut der Universität. Zahlreiche Ausstellungen, eine stattliche Schriftenreihe und Plakate zeugen davon.

Schließlich moderierte Carl Friedrich Schröer ein Künstlergespräch, das Timm Ulrichs mit witzig skurrilen Erinnerungen an seine Begegnungen mit Margarethe Jochimsen begann. Allerdings spielte er selbst – „Ich war auf dem Sprung zum Weltruhm ...“ – dabei doch die Hauptrolle. Ganz anders Ulrike Rosenbach: Sie teilte mit Jochimsen die „radikale gesellschaftspolitische Einstellung“ und behielt ihre „provokanten Ausstellungen“ über das Bild der Frau in der Kunst, doch auch ihre „unglaublich streitbare Dialogform“ in Erinnerung.

Mit Dankbarkeit und Humor

Leiko Ikemura fühlte sich vor allem zu Dank verpflichtet; für sie war Margarethe Jochimsen eine „warme Person“. Ikemura war mit einem kleinen Koffer nach Deutschland gekommen: „Ich bin da, weil sie damals die Türen aufgemacht hat.“ Thomas Virnich brachte wieder etwas Humor in die Reminiszenzen. „Ich sollte ein Klavier verpacken“, erzählte er, als er seine erste Einzelausstellung plante. Schröer nannte Virnich einen „Kunstvereinskünstler“, der hier seine Karriere begann.

Es wird bereits vielen Besuchern der Matinee mit dem Titel „Kunst ist sowieso immer ein Wagnis“ durch den Kopf gegangen sein, was Neusser ausgesprochen hatte: das Bedauern darüber, dass diese tüchtige Frau die Eröffnung des Museums August Macke Haus mit dem Erweiterungsbau nicht mehr erlebt.

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