Alle Herzen gewonnen Tamás Tarjányi bei den Bonner Opernfreunden
BONN · Man könnte fast auf Wagner tippen: Tristan und Isolde sind ziemlich nah, und auch so etwas wie ein halber Walkürenritt lässt sich ausmachen. Die sechs Lieder, mit denen der ungarische Tenor Tamás Tarjányi und der Pianist Thomas Wise ihren Abend bei den Bonner Opernfreunden eröffneten, stammten freilich von Ödön Mihalovich (1842-1929).
Dieser ungarische Komponist ist hierzulande ziemlich unbekannt; er leitete als Nachfolger von Franz Liszt mehr als 30 Jahre lang die Budapester Musikakademie und gründete in der ungarischen Hauptstadt einen Wagner-Verband.
Es war auf jeden Fall eine lohnende Entdeckung, für die Tarjányi gesorgt hatte; Ferdinand Kösters, der sachkundig moderierende Vorsitzende der Opernfreunde, vermutete darin gar eine deutsche Erstaufführung. Wie auch immer: Der junge Tenor, seit der letzten Spielzeit Ensemblemitglied der Bonner Oper, konnte in den Liedern von Mihalovich seine vorbildliche Diktion und seine lyrischen Qualitäten beweisen.
Tarjányi phrasiert klug, schafft große Bögen und hat durchaus Sinn für Abgründiges und Fahles. Die Interpretation erhielt ihren besonderen Reiz freilich auch durch die feinsinnige Begleitung von Thomas Wise, der als Virtuose und als Anschlagskünstler gleichermaßen gefordert war.
Die zweite Hälfte des Abends im bestens besetzten Foyer des Bonner Opernhauses gehörte Frankreich. Das ist gewissermaßen das goldene Land für einen lyrischen Tenor. Ob in Liedern von Fauré, Duparc und Massenet oder in Opernarien von Lalo, Bizet und Gounod: Tarjányi hatte reichlich Gelegenheit, bei diesen von Wise perfekt begleiteten Schwärmereien seine helle, bewegliche Stimme ins schönste Licht zu setzen.
Allenfalls einige Spitzen klingen noch ein bisschen erzwungen. Als Zugabe gab es Franz Lehárs "Dein ist mein ganzes Herz", höchst geschmackvoll und unpathetisch gesungen.