Interview Tenor Klaus Florian Vogt ist im Wagner-Jahr besonders gefragt

BONN · Klaus Florian Vogt zählt heute zu den gefragtesten Wagner-Tenören weltweit. Über seine Karriere, seine Stimme und Richard Wagners Helden sprach mit ihm Bernhard Hartmann.

 Klaus Florian Vogt 2012 als Parsifal in einer Inszenierung an der Deutschen Oper Berlin.

Klaus Florian Vogt 2012 als Parsifal in einer Inszenierung an der Deutschen Oper Berlin.

Foto: dpa

Sie sind mit dem Flugzeug nach Köln gekommen. Saßen Sie selbst am Steuerknüppel?
Klaus FlorianVogt: Nein, leider nicht, ich bin diesmal mit Linie geflogen.

Wie sind Sie zum Fliegen gekommen? Hat Ihr Erfolg als Sänger es ermöglicht?
Vogt: Ich habe meinen Flugschein gleich gemacht, als ich mein erstes Geld als Orchestermusiker verdiente. Heute bin ich sehr froh darüber, weil die Hindernisse mit der Zeit immer größer werden. Ich weiß nicht, ob ich jetzt noch die Zeit finden würde.

Sie haben sich die Musik als Hornist erschlossen.
Vogt: Das stimmt. Als Kind hatte ich natürlich auch Klavierunterricht. Mein Vater hat immer gern Hausmusik gemacht. Man kann sagen, dass ich mit Klavier- und Kammermusik eingeschlafen bin. Irgendwann hat mein Vater mir dann ein Horn geschenkt. Und das hat mir richtig Spaß gemacht.

Was hat dann die Wende zum Gesang herbeigeführt?
Vogt: Meine damalige Freundin und heutige Frau (Silvia Krüger, die Red.) hat mich dazu ermuntert. Sie ist Sängerin und kommt wie ich aus einem Musikerhaushalt. Irgendwann wollte sie als kleine Attraktion für eine Familienfeier ein Duett mit mir singen. Ihrer Mutter, die ebenfalls Sängerin war, ist dann bei dieser Gelegenheit aufgefallen, dass da stimmlich etwas vorhanden ist.

Was ließ den Hornisten Vogt schließlich erkennen, dass er es als Sänger weit bringen könnte?
Vogt: Ich selber habe es erst ganz langsam akzeptiert, dass Gesang etwas sein könnte, das man professionell ausüben könnte. Entscheidend für die endgültige Hinwendung zum Sängerberuf war ein Vertragsangebot vom Landestheater Flensburg. Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet.

Was haben Sie dort vorgesungen?
Vogt: Den Tamino aus der Zauberflöte, Max aus Webers Freischütz, aber auch Operette.

Sind Tamino und Max nicht zwei sehr unterschiedliche Tenorwelten?
Vogt: Ich sehe diese Trennung nicht so. Beides kann sehr ineinanderfließen. Damals bin ich aber vor Max gewarnt worden. Die Partie liege zu tief, sei zu laut und mache die Stimme kaputt, sagte man mir. Aber ich bin am Anfang meiner Karriere ohnehin immer sehr viel gewarnt worden: Ich solle bloß die Finger von Wagner lassen. Nun ja, ich hab's trotzdem gemacht, und es hat mir nicht sehr geschadet.

Wie ist es, Lohengrin in Bayreuth zu singen?
Vogt: Das ist natürlich ein Traum. Ich empfinde es als ein Riesenprivileg, diese Traumpartien, den Lohengrin, den Parsifal, den Stolzing aus den Meistersingern oder den Siegmund aus dem "Ring" überhaupt singen zu dürfen. Ich freue mich jedes Mal wieder, wenn ich das angeboten bekomme. Aber es ist nicht so einfach, wie immer gesagt wird, in der viel gelobten Bayreuther Festspielhaus-Akustik zu singen. Das Orchester ist auf der Bühne sehr laut. Das verleitet zum Gegensteuern. Da muss man sehr vorsichtig sein.

Ihre Wagner-Interpretationen klingen ja schon ein bisschen anders, als man es gemeinhin gewohnt ist. Ihre Stimme wirkt lyrischer, heller. Haben Sie bewusst auf diese Klangfarbe hingearbeitet?
Vogt: Ich musste meine Stimme nicht "umbauen" oder verändern, um einem bestimmten Ideal nahe zu kommen. Ich finde es falsch, dass mit dem Heldentenor-Fach in erster Linie Lautstärke verbunden wird, oder Gewalttätigkeit und Kraftprotzerei. Das ist nur eine Seite dieser Partien. Aber da ist auch ganz viel anderes. Wenn man Wagners Noten anschaut, dann steht da ganz oft "piano". Das wurde häufig nicht ernst genommen.

Fließt dieser Gedanke auch in die darstellerischer Seite Ihrer Arbeit auf der Bühne ein?
Vogt: Auf jeden Fall. Diese Figuren sind ja auch immer sehr verletzlich. Bei allem heldenhaften, selbstbewussten Auftreten von Wagners Figuren schwingt ja auch immer die Seite des Scheiterns mit. Das ist bei Wagner ganz extrem.

Können Sie sich vorstellen, zukünftig gesanglich neue Wege zu gehen?
Vogt: Mit liegt der Liedgesang sehr am Herzen. Das würde ich gern weiter ausbauen. Ich möchte mir auch das französische Fach erarbeiten. Da gibt es auch schon Pläne. Aber das heißt nicht, dass ich das Wagner-Fach dafür zurückstellen möchte. Dafür liebe ich es zu sehr. Da möchte ich mich auch gern noch einmal einen Schritt weiter vorwagen.

Sie wollen künftig mehr Liederabende machen. Ist es schwer, sich auf den intimen Rahmen einzustellen?
Vogt: Ich wusste selbst lange gar nicht, ob ich das kann. Man hat nicht den Schutz des Bühnenbildes, kann sich nicht hinter dem Kostüm verbergen. Man ist keine andere Figur, sondern man selbst. Aber gerade das macht mir ganz großen Spaß. In einem Arienabend wie jetzt in Köln ist das ganz ähnlich. Der Publikumskontakt ist viel näher als sonst.

Sie sind Vater von vier Kindern. Ist es möglich, die ganz junge Generation nachhaltig für die Klassik und Oper zu begeistern?
Vogt: Ich glaube schon. Das ist natürlich stark abhängig davon, was auf der Bühne geboten wird. Wir leben nun mal in einer visuell geprägten Umwelt, trotzdem wollen Kinder und Jugendliche Geschichten erzählt bekommen. Was im Theater geschieht, muss nachvollziehbar sein. Wenn das gelingt, kann man Kinder und Jugendliche auch für die Oper begeistern.

Könnte also ein Besuch von Wagners "Ring des Nibelungen" für Jugendliche genauso spannend sein, wie das Kinoabenteuer "Herr der Ringe"?
Vogt: Na, klar! Die Kinder gehen mit Begeisterung in diese Fantasy-Filme. Und wenn man auf dieser Ebene etwas bietet, werden die auch in die Oper kommen. Aber leider sind wir im Theaterbetrieb ein bisschen davon weggekommen.

Ist das ein Wort gegen das Regietheater?
Vogt: Regietheater ist ja grundsätzlich nichts Schlechtes. Aber man braucht eine nachvollziehbare Geschichte. Hans Neuenfels' Bayreuther "Lohengrin" ist so ein Fall. Der ist kontrovers aufgenommen worden, ist aber meines Erachtens in sich stimmig. Man braucht eine gute Regie. Konzert, Theater und Oper bieten ja den großen Vorteil eines echten Live-Erlebnisses. Das wollen die Jugendlichen ja eigentlich erleben.

Singen Sie Ihren Kindern abends Gutenachtlieder vor?
Vogt: Ja, klar!

Klaus Florian Vogt gastiert am Montag, 4. Februar, 20 Uhr, in der Kölner Philharmonie. In Arien aus Opern von Bizet, Verdi, Wagner unter anderem begleitet ihn die Nordwestdeutsche Philharmonie unter Leitung von Marco Comin. Karten für den Philharmonie-Auftritt in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen.

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