Torsten Sträter im Brückenforum The Rechnung, por favor!

Beuel · Der Kabarettist Torsten Sträter gastierte vor 1000 begeisterten Besuchern im Brückenforum. Um 23.09 war Ende der Veranstaltung.

 Kabarettist Torsten Sträter: „Stilles Wasser – was sonst!?“

Kabarettist Torsten Sträter: „Stilles Wasser – was sonst!?“

Foto: Agentur

Samstagabend in Bonn-Beuel. 20.03 Uhr: Der Mann mit der Mütze betritt die Bühne des Brückenforums. Nur drei Minuten „Verspätung“. Damit konterkariert Torsten Sträter (50) den Titel seines Tourneeprogramms, der da lautet: „Es ist nie zu spät, unpünktlich zu sein“. Rund 1000 Besucher spenden überaus freundlichen Applaus. „Ich werde nicht über meine Diät reden“, kündigt Sträter an. Fans wissen: Der Künstler hadert mit seinem Gewicht. Zum 50. Geburtstag hat er sich bei einem Arzt in Bornheim durchchecken lassen, einen ganzen Tag lang. Befund: Alles im grünen Bereich. Nur die Schilddrüse nicht. Die Konsequenz: „Ich habe 27 Kilo zugenommen, an einem Dienstag.“

Sträter möchte trotzdem über Verlust reden. „Verlust, nicht Phallus – das kommt später“, sagt er in sein Handmikrofon. Die Kladde hat er zu diesem Zeitpunkt noch nicht angerührt. Das Requisit liegt auf dem Stehpult und wird im Verlauf des Abends eine untergeordnete Rolle spielen. Man kennt den Kabarettisten aus der Satiresendung „Nuhr im Ersten“, dort liest er gern Geschichten aus seinem Band vor. Wer den Dortmunder noch nie live erlebt hat, stellt sich zudem die naheliegende Frage: Kann Sträter auch abendfüllend?

Ja, er kann. Und wie! Torsten Sträter liebt die Improvisation, reagiert auf jede noch so kleine Regung im Publikum, begrüßt Nachzügler: „Wo haben Sie geparkt? Auch in Köln?“ In Reihe vier fällt eine Flasche um. „Ach, Alkohol, eine gute Entscheidung. „Ist das schon Programm oder noch Anmoderation? Er will eigentlich nicht dauernd Geschichten von früher erzählen, sagt Sträter. Da die Vergangenheit aber nur eine abgetragene Form der Gegenwart sei, taucht er dann doch ein in die alte Zeit, erzählt vom Hustinettenbär und von den Kellergeistern aus der Werbung. Und vom Flummi, der ihm in der Grundschule gestohlen wurde. Und schnell noch das: 1992 war er mit Omma, Mutter und zwei Brüdern Kandidat in der RTL-Sendung „Familien-Duell“ – ein Desaster. 21.04 Uhr: Pause.

21.38 Uhr. Mit dem zweiten Durchgang soll alles anders werden, strukturierter. „Ich will jetzt Antworten geben“, sagt Sträter. Sein Reisetagebuch aus Afrika hat das Potenzial zu einer in sich stimmigen Geschichte, doch der Erzähler schert sich nicht um den roten Faden. Der Plural von Puma sei Pumen, obwohl es solche in Namibia nicht gibt. Sträter macht in der afrikanischen Tierwelt zudem Kobren und Zebren aus, begleitet vom Grundrauschen amüsierter Zuhörer, die ihre Lachanfälle oft unterdrücken, um ja keine dieser aberwitzigen, unglaublich feinsinnigen Textnuancen zu verpassen. Der Akteur gibt sich dabei oftmals trilingual, womit er vorzugsweise in Restaurants punktet: „The Rechnung, por favor!“

22.11 Uhr. Normalerweise wäre zu diesem Zeitpunkt längt Schluss. Bei jedem anderen Wortkünstler jedenfalls. Kollegen hätten ihm das sogar geraten, sagt Sträter: 45 Minuten Programm, Pause, noch mal 45 Minuten, Zugabe – Feierabend. „Doch ich kann jetzt nicht einfach schon Schluss machen, ich hätte das Gefühl, dem Publikum noch mindestens zwölf Euro zu schulden.“ Also macht er weiter. Wer gehen will, kann gehen, er würde dann die Tür von innen schließen.

22.38 Uhr: Sträter kündigt die letzte Nummer an – und verfängt sich im nächsten Detail. Sein Blick fällt auf die Wasserflasche auf dem Stehpult. „Das Wasser ist still – was sonst!?“ Und dann erzählt er die abgedrehteste Geschichte des Abends. Aus Krankheitsgründen hatte er damals seine Einschulung verpasst, sehr zum Verdruss der Mama, die mittlerweile verstorben sei. Trotzdem holt er die Einschulung nach, mit 50, die Schultüte in der Hand. Und dann fällt noch der vermisste Flummi vom Himmel. Frenetischer Applaus. 23.09 Uhr: Ende der Veranstaltung.

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