"The Turn Of The Screw" in der Kölner Trinitatiskirche

Der Titel von Benjamin Brittens Oper "The Turn Of The Screw" besagt schon ganz unmissverständlich, dass es für die Figuren der Handlung kein Entrinnen gibt. Einer Schraube gleich, die sich immer fester zuzieht, wird die tödliche Bedrohung von Szene zu Szene stärker.

 Szene mit Claudia Rohrbach (links, Gouvernante), Adriana Bastidas Gamboa (Miss Jessel).

Szene mit Claudia Rohrbach (links, Gouvernante), Adriana Bastidas Gamboa (Miss Jessel).

Foto: Paul Leclaire

Köln. Der Titel von Benjamin Brittens Oper "The Turn Of The Screw" besagt schon ganz unmissverständlich, dass es für die Figuren der Handlung kein Entrinnen gibt. Einer Schraube gleich, die sich immer fester zuzieht, wird die tödliche Bedrohung von Szene zu Szene stärker, bis am Ende die Katastrophe grausige Wirklichkeit sein wird.

In der Kölner Trinitatiskirche, wo die jüngste Produktion der wegen der anstehenden Sanierungsarbeiten vagabundierenden Oper Premiere hatte, gelingt dem jungen Regisseur Benjamin Schad eine packende und psychologisch fein ausgearbeitete Darstellung der auf einer Novelle von Henry James basierenden gespenstischen Handlung: Eine Gouvernante tritt in einem abgelegenen Landhaus ihren Dienst an, wo sie sich um zwei heranwachsende Kinder kümmern soll.

Tickets Karten im GA-Ticket-ShopMit Schrecken stellt sie fest, dass die Kinder unter dem Einfluss zweier Geister stehen, dem früheren Diener Peter Quint und der früheren Gouvernante Miss Jessel, die sich der Kinder zu bemächtigen versuchen. Sie kann es nicht verhindern, dass Quint am Ende siegt und den Jungen davonträgt. Die klaustrophobische Atmosphäre der Geschichte, die nicht zuletzt von Quints über den Tod hinausgehenden Macht- und Sexualtrieb geprägt wird, gibt Tobias Flemmings Bühne mit ganz einfachen Mitteln wieder:

Längs durch das Kirchenschiff zieht sich ein langer, schmaler Steg, in dessen Mitte ein Schreibtisch und ein Flügel halb im Boden versenkt sind. Vor dem Orgelprospekt ragt ein riesiger Spiegel in die Höhe, der das Geschehen gleichsam verdoppelt und es so in eine irreale Dimension hineinführt. Die gegenüberliegende Seite ist mit einer riesigen Papierbahn verhängt, die immer weiter eingerissen wird und schließlich einen schwarzen Quader freigibt, auf dessen Frontseite ein mysteriöses Gemälde sich befindet.

Die Zuschauer sitzen sich in den längs geführten Kirchenbänken auf beiden Seiten des Stegs gegenüber und sind ganz nah am Geschehen, können die Ängste und seelischen Qualen der Figuren, die im Stil der viktorianischen Zeit gekleidet sind (Annett Lausberg), beinahe physisch spüren. Das aus 13 Solisten bestehende Orchester füllt die Kirche vom Seitenschiff aus mit Brittens ungemein dichter und farbiger Musik. Britten arbeitet hier mit äußerst subtilen Mitteln, die trotz formaler Strenge eine soghaft unmittelbare Wirkung hat. Was durch das Gürzenich-Orchester unter Leitung von Raimund Laufen auf großartige Weise umgesetzt wurde.

Für das intensive Kammerspiel braucht es natürlich erstklassige Sängerdarsteller, die hier ausnahmslos vorhanden waren. Carlo Wilfart vom Knabenchor der Chorakademie Dortmund beeindruckte nicht nur mit seinem kräftigen Sopran, sondern auch durch die musikalische Gestaltung seiner Partie und seiner bemerkenswerten Präsenz. Fast überirdisch, wie aus einer anderen Welt erklang hier sein wunderbares Lied "Malo", Ji-Hyun An als seine Schwester Flora gelang ebenfalls eine intensive Darstellung ihrer Figur.

Im Mittelpunkt stand freilich Claudia Rohrbach als Gouvernante, die ihrer Figur mit ausdrucksvollem Sopran viele Facetten abgewann. Ihre Zweifel, ihre Ängste, ihr vergebliches Bemühen um die Rettung der Kinder bringt sie mit großer, nicht nachlassender Intensität auf die Bühne. Adriana Bastidas Gamboa sang die Partie der von inneren Zweifeln zerrissenen Miss Jessel mit kraftvollem, zum Dramatischen neigenden Mezzo. Und John Heuzenroeder, der zu Beginn auch den Prolog vortrug, verlieh mit starker Präsenz und schönem Tenor der Figur des Quint eine Gruseln machende Bühnenexistenz.

Aber der Abend war auch die beeindruckende Wiederbegegnung mit einer Sängerinnen-Legende: Die amerikanische Sopranistin Helen Donath, deren Karriere 1962 am Kölner Opernstudio begann, singt hier die alte Haushälterin Mrs. Grose. Sie ist immer noch ein Ereignis. Der Abend endete mit viel Applaus.

Weitere Termine: 19., 25., 27. Februar, 19., 24., 26. März, 2. April.

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