Theaterpremiere in der Brotfabrik Theater Rampös bringt „Helges Leben“ auf die Bühne

Bonn · Die Laiengrupe Theater Rampös bringt „Helges Leben“ auf die Bühne der Bonner Brotfabrik. Unser Autor findet: Unterhaltsam war die gut zweistündige Darbietung auf jeden Fall .

 Helge (Michael Lüttgen, links) ist schon im Kinderbett seiner Angst (David Wachholz) ausgeliefert. FOTO: KCT

Helge (Michael Lüttgen, links) ist schon im Kinderbett seiner Angst (David Wachholz) ausgeliefert. FOTO: KCT

Foto: Thomas Kölsch

Die Menschheit ist Vergangenheit. Ausgelöscht, verdrängt von den Tieren. Ist nicht schade drum, sagen alle. Bis auf Frau Gott und Frau Tod. Die beiden Damen sind nur noch Schatten ihrer selbst, Theatermacher wider Willen, die für ein bisschen Ambrosia im Wohnzimmer reicher Tapire und Rehe einen Blick auf die Menschen gewähren und noch einmal ein Leben inszenieren. Helges Leben. Ein deprimierendes Bild eines Homo Sapiens, der gebrochen ist, geschlagen und letztlich verloren. Also genau das, was die voyeuristischen Tiere sehen wollen. Diesen grotesken Stoff aus der Feder von Sybille Berg hat nun die Laiengruppe Theater Rampös in der Brotfabrik auf die Bühne gebracht – und dabei einen überaus kurzweiligen Abend geschaffen.

Zugegeben: Sonderlich subtil geht Sybille Berg in ihrem Text nicht vor, und auch die Inszenierung von Inga Leske spielt nicht um den heißen Brei herum. Sondern watet vielmehr mittendurch. Die Bilder sind gnadenlos direkt und zwingen das Publikum in dieselbe Voyeurs-Rolle, die die Tiere auf dem Bühnensofa so bereitwillig einnehmen. Und letztlich in dieselbe Geisteshaltung. Den einen verlangt es nach einem Bier, den anderen nach einer Pause, während sich das enttäuschende Leben der Hauptfigur entfaltet. Viel geschieht dabei nicht, immerhin ist der Mensch in Bergs Lesart ein Wrack im Bann seiner negativen Gedanken.

Auch Helge (stark: Michael Lüttgen; die gealterte Figur übernimmt Marcus Seiler) wird ständig von diesen geplagt, fürchtet sich vor dem Versagen und dem Leben an sich, ständig gelenkt von den Einflüsterungen seiner Angst (David Wachholz). Von ihr kann er sich zu keinem Zeitpunkt befreien, sie höchstens mal für einen kurzen Moment angesichts des Begehrens der jungen Tina (Susanna Matthes, die sich der exzellenten Anna Haas als Tinas Angst erwehren muss) an den Rand stellen. Doch diese Beziehung geht auch so in die Brüche. Ein Desaster, das Helge endgültig aus der Bahn wirft.

Der äußere Rahmen bleibt Staffage

Natürlich schwingt in Bergs Stück eine permanente Medienkritik mit, die auch Theater Rampös umzusetzen versucht. Alles ist Show, selbst die Show selbst. „Helges Leben“ als TV-Dreh samt aggressiver Aufnahmeleiterin (Nelli Keksel) und zwei Set-Runnern mit Videohandys, leider aber ohne gespielte Regieeinwürfe. So bleibt der äußere Rahmen nur Staffage, während auf der Bühne eine bewusst kreative Leere herrscht, die nur durch die gnadenlose Überzeichnung der Rollen aufgefangen wird. Selbst Frau Gott, eine überdrehte, bemüht positive Gestalt (Wiebke Sickel), hat offenbar keine Ideen und verzweifelt am sich selbst herunterziehenden Helge. Und ihre Partnerin und zugleich Gegenspielerin Frau Tod (Zeynep Hamackers)?

Die bemüht sich, die spannungsarmen Momente entweder mit Mordaufrufen oder mit ein paar Liedern aufzulockern, bringt dabei aber ganz beiläufig ein paar Töne um die Ecke. Fernsehsoap trifft Wannabe-Musical – und beides auf die Realität. Kein Wunder, dass Auftraggeber Herr Tapir (Mazyar Jahanbakhsh) mitunter ein bisschen Werbung der Tragödie vorzieht. Wen kümmert schon ein Einzelschicksal, wenn es nichts zu bieten hat? All dies auf die Bühne zu bringen, ist ohne Zweifel eine Herausforderung, sowohl für die Regie als auch für das Ensemble. Am Ende des Abends in der Brotfabrik können aber alle zufrieden sein. Unterhaltsam war die gut zweistündige Darbietung auf jeden Fall – und zugleich für einige inhaltliche Diskussionen gut. Auch das muss ein Stück erst einmal schaffen.

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