Premiere im Theater im Ballsaal Theaterstück über Clara Schumann

Bonn · Großartige Schauspielerinnen in einem mittelmäßigen Stück: Das Fringe-Ensemble bringt Marlin de Haans „Clara“ auf die Bühne.

 Zwei Mal Clara Schumann: Justine Hauer (links) und Nicole Kersten in Marlin de Haans Stück.

Zwei Mal Clara Schumann: Justine Hauer (links) und Nicole Kersten in Marlin de Haans Stück.

Foto: Fringe

Meine Kunst lasse ich nicht.“ Dieser trotzige Spruch ist das Grundmotiv des Theaterprojekts „Clara“, das jetzt im Theater im Ballsaal seine Premiere feierte. Dafür haben sich das Bonner Schumannfest (2019 steht es unter dem Motto „Geliebte Clara“) und das Fringe-Ensemble zusammengetan. Es ist eine Stückentwicklung der vielseitigen Düsseldorfer Künstlerin Marlin de Haan, die die Textfassung erstellt und auch Regie geführt hat bei der rund 60-minütigen Vorstellung. Es geht um Clara Schumann, deren 200. Geburtstag in diesem Jahr an vielen Orten gefeiert wird. Nicht in Form einer Biografie oder einer dokumentarischen Materialsammlung. De Haan geht es um die Situation von Künstlerinnen in einer männerdominierten Gesellschaft, um die Veränderung von Rollenbildern und den Blick auf Ungleichgewichte bei der Wahrnehmung der Leistung von Frauen.

Clara Wieck war eine der bedeutendsten Musikerinnen ihrer Zeit. Vom dominanten Vater in eine Wunderkind-Karriere gepresst, bald eine europaweit gefeierte Pianistin. Eine durchsetzungsfähige junge Frau, die sich eigenständig die Heirat mit Robert Schumann erkämpfte, acht Kinder gebar und dennoch weiter lange Konzertreisen unternahm. Dass sie als Clara Schumann an der Seite des berühmten Komponisten künstlerisch ignoriert worden sei, ist so sicher nicht haltbar. Dass sie nach Roberts Tod das Komponieren fast vollständig aufgab und als Klaviervirtuosin und Lehrerin für den Lebensunterhalt der Familie sorgte, ist freilich unbestritten.

Die Musik spielt in der Inszenierung jedoch eher eine Nebenrolle. Im spannenden Raum-Bühnenbild von Julia Rautenhaus verkörpern zwei exzellente Schauspielerinnen die Figur der Clara. Justine Hauer und Nicole Kersten, beide übrigens wie die Regisseurin freischaffende Künstlerinnen mit Mann und Kind, zeigen weniger die widersprüchliche Identität der historischen Clara als die Konflikte heutiger Frauen zwischen Familie und Beruf. Clara, fast erdrückt von der wachsenden Menge von Puppenkindern, weibliches Multi-Tasking zwischen Bühne und Küche im 21. Jahrhundert. In einer der eindrucksvollsten Szenen rücken die beiden energisch mit rhythmisch hackenden Messern und Mixern einem Stapel Früchte zu Leibe und servieren den erfrischenden Cocktail in hübschen Gläsern dem geneigten Publikum. Dessen Einbeziehung gehört natürlich zu der Performance, die ja nicht eine präparierte Geschichte erzählen will, sondern Impulse geben. Mit Daten- und Excel-Tabellen zur gegenwärtigen Geschlechter-Ungerechtigkeit, ein bisschen „#metoo“ und feministischem Diskurs, kleinen Spitzen gegen die bürgerliche Ehe und einer gesunden Prise Selbstironie.

Ein nettes Lehrstück zwischen theatralem Leerlauf und der plakativen Forderung nach „Abschaffung medialer Rollenklischees“. Es bleibt das Gefühl, dass Clara da schon ein ganzes Stück weiter war.

Nächste Vorstellungen am 12./13.April und im Rahmen des Schumannfests am 6./7. Juni, jeweils um 20 Uhr. Karten gibt es in den Bonnticket-Shops des General-Anzeigers sowie im Internet auf www.ga.de/tickets.

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