Todernster Spaßmacher im Bonner Pantheon

Mit traurigen Geschichten von Deutschen und Russen bringt Wladimir Kaminer das Publikum zum Lachen

Bonn. Wladimir Kaminer kann nicht alles. Aber ziemlich viel. Vor allem kann er tieftraurige Geschichten von Deutschen und Russen erzählen, und zwar so, dass das Publikum vor Lachen umfällt.

Kaminer liest im Pantheon aus seinem neuen Buch "Meine russischen Nachbarn". Und wie immer in seinen Texten widmen sich auch diesmal untalentierte, vergessene und einsame Menschen ganz alltäglichen Dingen, die aus Kaminers Mund ungemein skurril klingen.

Nacherzählen lassen sich seine Pointen nicht - sie wirken nicht in Druckerschwärze, das merkt man auch schnell bei der Lektüre seiner Bücher.

Nein, diese Texte leben von Kaminers russischem Akzent, von dem man nicht weiß, ob ihn der Autor im Privaten nicht schon längst abgelegt hat. Sie leben von seiner sparsamen Mimik, von seiner Präsenz auf der Bühne, von seiner todernsten Deklamation von Fäkalsprache und Beamtendeutsch.

Es hat sich, aus Berlin kommend, längst ein Hype um die Person Kaminer entwickelt, ein Hype, der auch das Pantheon bis auf den letzten Platz besetzt. Und wie bei jedem Hype wundert man sich ein bisschen: Denn Kaminer ist zwar ungemein unterhaltsam und schreibt in ungeheurer Produktivität Buch um Buch in stets gleich bleibender Qualität - ihn aber als politischen Autor zu feiern, das ist falsch.

Und ihn, wie oft geschehen, in politische Talkshows einzuladen, das ist auch falsch. Kaminer will schließlich unterhalten, keine substanzielle Kritik äußern. Nur dann und wann kommt ein kleines, verbales Giftgeschenk von ihm. Und Putin kritisiert er gerne, gewiss. Aber wer tut das auf den Bühnen hierzulande nicht.

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