Lanxess-Arena Tom Petty & The Heartbreakers rissen Publikum von den Stühlen

KÖLN · Ein Fan hatte sich dazu entschlossen, zum Tom-Petty-Konzert ein kürzlich im Rhein-Energie-Stadion erworbenes Springsteen-T-Shirt zu tragen. Eine Entscheidung, in der eine gute Portion Verlegenheit steckt. Das letzte Tom-Petty-Tour-Shirt konnte man sich in Europa vor 20 Jahren kaufen. Solange ist es her, dass der Anführer der "Herzensbrecher" hier Konzerte gab.

 Nur der Mann hat einen Bart: Tom Pettys Musik ist zeitlos mitreißend.

Nur der Mann hat einen Bart: Tom Pettys Musik ist zeitlos mitreißend.

Foto: Horst Müller

"Wie geht's", fragt Petty nach dem zweiten Stück des Abends - "lange nicht gesehen!" Humor hat er, der schmale Schlacks. Und jung ist er geblieben, nur der Bart lässt ihn älter wirken und gibt einen Hinweis darauf, dass er in diesem Jahr 62 Jahre alt wird. Die Bühne ist mit roten Vorhängen dekoriert, der Innenraum bestuhlt. Indizien, die eine stilvolle Veranstaltung erwarten lassen, in der Fans im vorgerückten Alter allenfalls mit dem großen Zeh wippen. Eine Befürchtung, die sich in dem zweistündigen Konzert ganz und gar nicht erfüllen wird.

Die Heartbreakers beginnen gepflegt rockig mit "Listen To Her Heart". Der Sound stimmt - so gut es in der schwierig zu beschallenden Arena möglich ist. Steve Ferrone an den Drums, der körperlich wuchtigste Mann der sechs Herzensbrecher, peitscht mit all seiner physischen Kraft die Stücke nach vorne.

"I Won't Back Down" folgt wenig später. "Ich mache keinen Rückzieher" ist weniger trotzige Verweigerung als biografisch erworbener Eigensinn und Überlebenshaltung. Für seinen zur Gewalt neigenden Vater war der künstlerisch ambitionierte Sohn ein Weichei.

Der Gesang hat den typisch quengeligen Ton, verführt aber in seiner Leichtigkeit zu einer sommerlichen Fantasiereise im Cabrio. "Handle with Care" stammt aus der Zeit, in der Tom Petty zusammen mit Bob Dylan, Roy Orbison und Jeff Lynne die Travelling Wilburys, eine der merkwürdigsten Supergruppen der 70er Jahre, bildete.

Beim bluesigen "Good Enough" explodiert Mike Campbell, Urmitglied der Band, förmlich an der Gitarre. Die Stühle sind längst verlassen. 8500 Zuhörer stehen, applaudieren und lassen die nächste psychedelische Gitarrenkaskade "Oh Well" von Peter Green über sich hereinbrechen.

Man könnte viele Stücke an diesem Abend herausgreifen, die angenehm anders und intensiver als auf Vinyl oder CD klingen. Eines davon ist sicherlich "It's Good To Be King" von 1984. Tom Petty spielt die Sologitarre sehr langsam, sehr bohrend, jeder Ton einen hypnotischen Sog erzeugend.

Später ("Learning To Fly") breitet Petty seine Arme aus, wie Marius Müller Westernhagen es tut, wenn Feierlichkeit entstehen soll. Das braucht er nicht. Zwei Stunden unerwartet atemberaubende Rockshow genügen, um von Tom Petty restlos überzeugt zu sein. Nach 20 Jahren Wartezeit.

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