Konzerte in Köln Udo Lindenbergs in der Lanxess-Arena

Köln · Er lässt auf sich warten. Das ist keine Diven-Attitüde. Das Verkehrsaufkommen ist so hoch, dass Udo den Showbeginn um 10 Minuten verschiebt. Alle sollen ihn sehen – von Beginn an.

 Udo Lindenberg beim Konzert in Köln.

Udo Lindenberg beim Konzert in Köln.

Foto: Thomas Brill

Licht aus. Udo kommt. In einer Gondel schwebt er vom anderen Ende der Lanxess-Arena auf die Bühne zu, singt „Odyssee“. „Keiner weiß, wohin die Reise geht. Odyssee, weil der Wahnsinn am Steuer steht.“ Tänzerinnen befreien ihn aus der Sicherung. Dafür gibt es für alle ein Küsschen. Das muss unbedingt sein. Für Udo sind Frauen Göttinnen.

Heute lieben alle (wieder) Udo, der mit 70 Jahren wie „Phoenix aus der Flasche“ gestiegen ist und im Spätherbst seines Lebens den Höhepunkt einer wechselvollen Karriere erfährt. Für seine "Keine Panik Tournee" muss er etliche Zusatzshows anbieten. In Köln kommen an zwei Tagen 16.000 „Lindianer“ zu seinen Konzerten. Nicht vergessen, aber verziehen, sind die Zeiten seiner Alkohol-Exzesse, in denen der Panikmeister zu dem wurde, was man irgendwie bei ihm vermutetet hatte – eine peinliche Selbstparodie. An diesem Abend weiß man, man hat ihm Unrecht getan. Udo ist immer Udo gewesen. Auch im Suff nahm er sich die Freiheit, gegen konventionelle Vorstellungen sein Ding zu leben. „Ich war mein eigner Thriller, Original und Parodie.“

Udo Lindenberg wusste bereits zu Zeiten, als im Rock & Roll eine bunte Bühnenshow noch als Ablenkung vom Wesentlichen galt, Rockmusik und große Revue als ein pralles, einmaliges Erlebnis zu zelebrieren. Er war der Kapellmeister der großen Udo-Show. „Eine Show muss krachen“ – tut sie auch fast drei Stunden lang ohne eine Sekunde Langeweile. Wer von den Jungen hat dieses Durchhaltevermögen? Udo tänzelt durch den Abend. Die hübschen Mädels im Arm, im Kreis des Kinderchors. Einsam auf der Rampe. Der Hüftschwung ist Udo-like -elegant und charmant. Dagegen wirkt Peter Brings in seinem Gastauftritt bei „Cello“ eher hüftsteif. Man kann noch was lernen vom „Alten“.

Udo quasselt, näselt. Wie toll Köln ist. Schließlich ist er Berater von Lukas Podolski und Jonas Hector. Er erzählt gerade so viel, dass man ihn als Mensch in den Arm nehmen will. Dann geht’s atemlos weiter mit der großen Nummern-Revue. Fast alle Kunstfiguren, die zu Lebensbegleitern geworden sind, sind dabei: Gerhard Gösebrecht, Bodo Ballermann, Johnny Controletti, Candy Jane. Alte Zeiten werden wieder lebendig. Alles ist klar auf der Andrea Doria.

Mit dem Sonderzug fährt man über Pankow bis ans Ende der Welt, dem Horizont entgegen. Die Reeperbahn ist die Penny Lane der Beatles, und das Eldorade hat er immer noch auf dem Schirm. „Die Straße riecht nach Adrenalin, der Wind schmeckt so gut, so gut nach Anarchie.“ Gegen aufkommende Ausländerfeindlichkeit zeigt er, worum es wirklich gehen sollte in Deutschland – eine „Bunte Republik Deutschland“. Eine tolle Rocksause mit Bongos und epischen Gitarrensoli. Gentleman ist dazu der beste Gast, den Udo für seine politische Vision auswählen konnte: „Jamaika in Köln“.

Kurz vor 23 Uhr schwebt er als Astronaut in einer Kapsel aus der Arena. Flammensäulen steigen auf, Konfettiregen ergießt sich über den Innenraum. Udo geht nicht einfach so. Wir hoffen, der Astronaut findet wieder zur Erde, um ein wenig Menschlichkeit zu bringen.

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