Abschlusskonzert beim Beethovenfest Überwältigendes Finale mit Mahler
Bonn · Das Mahler Chamber Orchestra begeistert unter Leitung von Maxime Pascal mit der „Auferstehungssinfonie“ von Gustav Mahler das Publikum im WCCB.
Im Abschlusskonzert des diesjährigen Beethovenfests schloss sich an diesem Freitagabend ein Kreis, den die scheidende Intendatin Nike Wagner während der vergangenen drei Wochen mit bemerkenswerter inhaltlicher Beharrlichkeit gezogen hatte. „Auferstehn, ja auferstehen“ lautete das Motto, das seit dem Eröffnungskonzert mit Beethovens neunter Sinfonie auf vielschichtige Weise beleuchtet wurde. Zum Abschluss nun liefen die Fäden in Gustav Mahlers Sinfonie Nr. 2, der „Auferstehungssinfonie“, zusammen, die in einer grandiosen Aufführung mit dem Mahler Chamber Orchestra unter der Leitung des 36-jährigen französischen Dirigenten Maxime Pascal zu hören war. Dem Finalsatz dieser Sinfonie hatte Nike Wagner den von Klopstock stammenden Motto-Vers entnommen, der ganz nebenbei sich auch im Beethovenfest selbst erfüllte, das nach der pandemiebedingten Absage der Jubiläumsausgabe zu Beethovens 250. Geburtstag im vergangenen Jahr nun sozusagen seine Auferstehung feierte.
Mit seiner zweiten Sinfonie greift Mahler auch ganz direkt auf Beethoven zurück. Nicht durch die Verwendung musikalischer Zitate, wie es am Abend zuvor bei Georg Friedrich Haas zu erleben war, sondern durch die Integration der menschlichen Stimme in die Sinfonie. Die von Beethoven in der neunten Sinfonie eingeführte Neuerung findet in Mahler einen Komponisten, der dieses Mittel auch in mehreren seiner späteren Sinfonien geradezu zum Stilprinzip erheben wird.
Im Saal „New York“ des World Conference Center Bonn erlebte man das monumentale, anderthalbstündige Werk nun in einer Aufführung, die keine Wünsche offen ließ. Maxime Pascal stürzte sich mit Verve in die Sinfonie, ließ die tiefen Streicher mit ihrem grimmigen, an Wagners „Walküren“-Beginn erinnernden Vorwärtsdrang mit Wucht anheben, führte die Musik instinktsicher zu einem ersten Höhepunkt, der bereits ein Ahnung von den apokalyptischen Steigerungen geben sollte, die noch folgen würden. Pascal tanzte sich dabei regelrecht durch die Partitur, warf seinen Musikern dabei die Einsätze mit lockerer Hand, manchmal auch mit ausgestreckten und erhobenen Armen zu. Dabei erwies er sich nicht nur als Meister orgiastischer Klänge, sondern auch als einer, der die wunderbaren Melodien Mahlers in den ruhigeren Passagen mit größter Sensibilität und Hingabe vorbereitet und begleitet.
Bei ihm ist die verhaltene Eleganz des zweiten Satzes ebenso in besten Händen wie das wirbelnde Scherzo. Die Begleitung zum „Urlicht“ schmiegte sich dann sacht um die Stimme von Mezzosopranistin Alisa Kolosova, die die feierlich-melancholische Stimmung der Verse aus „Des Knaben Wunderhorn“ berührend schön zum Klingen brachte.
Welch ein Kontrast dann der Beginn des Finales! Da hat Mahler den Weltuntergang in die Partitur hineingeschrieben, eine Vision, der das Orchester mit aller Wucht Gehör verschaffte. Wenn viele Minuten später der Klang erstirbt und nach einem letzten herrlich gespielten Flötensolo der Chor a cappella und ganz leise mit dem „Auferstehn“-Vers einsetzt, ist die Wirkung von transzendentalem Zauber. Weil angesichts des Riesenorchesters Platzmangel auf der Bühne herrschte, sang der von Lukás Vasilek bestens einstudierte Prager Philharmonische Chor von der Seitentribüne herab. Dennoch aber gelang es dem Dirigenten, die Stimmen des Chors und der beiden großartigen Solistinnen Camilla Tilling (Sopran) und Kolosova musikalisch zusammenzubringen. Nachdem sich am Ende des Satzes das Orchester noch einmal triumphal zu Wort meldete, brach begeisterter Jubel aus. Ein überwältigendes Finale.