Urlaub nehmen für sinnliche Begegnungen

Für die Besucher der im Stadtgebiet Königswinter angebotenen Ausstellungen soll Kunst diese Woche "erlebbar" werden - Der Dialog beginnt im Forum am Palastweiher - Die Organisatoren kommen ohne öffentliche Gelder aus

  Hingucker:  Die große Waage aus Holz, Mineralien und Metall symbolisiert die fünf Sinne und das Gleichgewicht.

Hingucker: Die große Waage aus Holz, Mineralien und Metall symbolisiert die fünf Sinne und das Gleichgewicht.

Foto: Homann

Königswinter. "Wir wollen Kunst nicht unantastbar in Museen oder Ateliers horten, sondern sie mit allen Sinnen erlebbar werden lassen."

Mit diesen Worten beschreibt Ralph Georg Clauss, der Vorsitzende der Gemeinschaft Königswinterer Künstler (GKK), das Ziel der 5. Königswinterer Kunsttage.

Eröffnet wurden diese vom Schirmherrn, Bürgermeister Peter Wirtz, am Freitagabend mit der GKK-Ausstellung "Sinnlichkeiten" im Kunstforum "Palastweiher".

Aber die 19 Künstler dort bleiben natürlich nicht "alleine". Noch weitere 37 Kollegen zeigen diese Woche ihre Arbeiten an zwölf Orten in der Stadt, bevor ab Freitag zusätzlich 14 Ateliers in der Region ihre Pforten öffnen.

"Wenn Sie alle Veranstaltungen besuchen wollen, brauchen Sie nicht nur den informativen Flyer als Wegführer. Sie werden Urlaub nehmen müssen.

Dafür werden Sie aber auch nicht enttäuscht angesichts des spannenden Dialogs mit den Werken unserer Künstler, der Sie erwartet", versprach Wirtz den zahlreichen Vernissage-Gästen.

Um diesen Dialog näher zu beschreiben, zitierte er Siegmund Graf, nach dessen Ansicht jedes Kunstwerk lediglich eine Skizze ist, die erst durch die Fantasie des Betrachters vollendet wird.

Da wollte Klaus Uwe Meier von der Gruppe "Kultur" der Lokalen Agenda 21 hinsichtlich einer Definition von Kunst nicht zurückstehen.

Allerdings ohne schlauer sein zu wollen als der wohl bedeutendste Künstler des vorigen Jahrhunderts, Pablo Picasso. Der hatte erklärt: "Wenn ich wüsste, was Kunst ist, würde ich es für mich behalten!"

Ziel der Gruppe Kultur sei es, die künstlerischen Kräfte der Stadt zu bündeln, um in einem wahren "Kunstmarathon" zu zeigen, wie vielfältig Kunst in Königswinter sei, hob Meier hervor.

Und Kunst wurde am Eröffnungsabend nicht nur erlebbar, sondern bei der Performance von vier Künstlern sogar lebendig. Aus ihren vier Temperamente-Doppelbildern setzten sie ein großes Bild-Puzzle zusammen, auf dem ein Tanzpaar zu erkennen war.

Das wurde zu Tangorhythmen aus dem zweidimensionalen Werk herausgelöst und gab so einem realen Paar Platz, aus dem Bild heraus in den realen Raum zu tanzen.

"Genau so wollen wir mit unseren Arbeiten auf die Besucher der Ausstellungen zugehen und ihre Sinne ansprechen", erklärte Clauss den Sinn dieser Performance. Sinnlichkeit äußerst real erfahren können die Besucher an dem roten Kartonwürfel am Eingang des Hauptraums.

Durch kreisrunde Öffnungen an seinen Seiten kann man in ihn hinein greifen und seinen "Bewohner" ertasten. Sinnlichkeit verströmt aber auch der bronzene "Genießer", der die Gäste in dem zweiten Raum trinkfreudig begrüßt.

Gleich alle fünf Sinne stellte eine große Waage aus Holz, Mineralien und Metall dar, die zudem auch das Gleichgewicht symbolisiert und sich über einen hoch emporragenden Pfeil an die "große Energie" anloggt.

Auch ohne Argusaugen zu haben, erkennt man, wie verführerisch die bronzene "Jo" die Sinne von Zeus angestachelt haben muss.

Aber nicht nur die dreidimensionalen Arbeiten sprechen die Sinne an. So blickt man etwa auf einem Bild durch ein rosenumranktes Tor in einen verwunschenen "Drachengarten", während auf einem anderen Werk eine vom Boden aus gesehene Tulpe in vollem Rot die Gefühle beim "Frühlingserwachen" symbolisiert.

"Glaube als sinnliche Erfahrung" thematisiert dagegen anschaulich ein großes Triptychon. Über eine abstrakte "Annäherung" hinaus gehen die beiden Gebilde, die kurz vor der Berührung "Zuneigung" im wahren Wortsinn zum Ausdruck bringen, wohingegen ein großes Rollbild mit seinem gelb-roten Zentrum an die Energie-Entladung einer Supernova erinnert.

"Allein schon mit dieser Ausstellung, die nur wegen der Eduard-Rhein-Ausstellung im Siebengebirgsmuseum erstmals im Kunstforum gezeigt wird, ist es uns wohl eindrucksvoll gelungen, das breite Spektrum von Kunst in Königswinter zu zeigen, so dass für jeden Kunstfreunde etwas dabei ist. Und es gibt ja auch noch zehn weitere Vernissagen", erklärte Meier.

Mit besonderem Stolz wies er darauf hin, dass dies alles den Organisatoren wie in den Vorjahren dank zahlreicher Sponsoren gelungen sei, ohne öffentliche Gelder in Anspruch nehmen zu müssen.

Zu sehen ist die GKK-Ausstellung täglich bis Freitag von 16 bis 19 Uhr mit Ausnahme des Donnerstags. "Am Mittwochabend bauen wir kurzfristig unsere Arbeiten ab, um der Thomas-Berg-Veranstaltung am nächsten Abend ab 19.30 Uhr Platz zu machen", erklärte Clauss, der mit seinen Künstlerkollegen auf regen Ausstellungsbesuch hofft.

Am Samstag wird dann ab 20 Uhr im Kunstforum zusammen mit Gästen eine fröhliche Abschlussfete gefeiert, bei der sich die Kunsttage mit einer weiteren Performance verabschieden - hoffentlich nur bis zum nächsten Jahr.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Die Stunde der Sieger
Abschluss Deutscher Musikwettbewerb in Bonn Die Stunde der Sieger
Zum Thema
Aus dem Ressort