Uwe Tellkamp liest in der Bonner Universität

Der Bestsellerautor folgt der Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung und stellt seine noch unveröffentlichte Erzählung "Die Schwebebahn" im Theatersaal vor.

Bonn. "Mutter hatte mir Geld gegeben ..." - so beginnt Uwe Tellkamp die Lesung aus seiner noch unveröffentlichten Erzählung "Die Schwebebahn". Mutter hatte ihm Geld gegeben, um die richtige Schuhcreme für ihre neuen Pumps aufzutreiben, und es folgt ein Streifzug durch das Dresden der Plattenbauten und Industriegebiete - weit weg vom Villenviertel Weißer Hirsch, dem Tellkamp in "Der Turm" ein Denkmal gesetzt hat.

Auf Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung, deren Literaturpreis ihm 2009 verliehen wurde, und der Universität Bonn liest Tellkamp im Theatersaal der Uni nach Passagen aus dem Roman auch aus dem neuen Werk.

"Die Schwebebahn" erzählt von einer Kindheit vor dem Umzug zum Weißen Hirsch; hier geht es noch nicht um ein verborgenes Bildungsbürgertum, resistent gegen die Zumutungen des DDR-Sozialismus, sondern um die Gerüche der Schuhcremefabrik, den Gestank der Elbe und die Essensdünste, die dem kindlichen Protagonisten aus den Fluren der Plattenbauten entgegenschlagen. "Ich hatte diese Gerüche, aber keine Worte dafür", liest Tellkamp.

Langeweile ist in diesem Vergangenheitskosmos nicht zugelassen: Nicht nur die Klavierlehrerin, die in später Liebe zum alternden Barpianisten entbrennt, auch jeder andere Nachbar wird mit irgendeiner skurrilen Eigenschaft ausgestattet, deren Beschreibung auch der naive Leser nicht nur in kindlicher Beobachtungsgabe verorten wird.

Als "literarisches Bekenntnis zur Freiheit" würdigt Günther Rüther von der Adenauer-Stiftung den "Turm" in seiner Begrüßung. In dem auf die Lesung folgenden, von Universitätsrektor Jürgen Fohrmann moderierten Gespräch stehen Vergangenheitsbewältigung und Ostalgie im Mittelpunkt: Angesichts von Verklärung und aktueller Diskussionen über Verstaatlichung, so Tellkamp in einem seiner geliebten Vergleiche, sei die DDR wie eine "von außen vertrocknete Mumie, die innen noch erstaunlich fleischig ist".

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