Eröffnungsmatinee beim Beethovenfest Variationen einer ersten Sinfonie

Bonn · Das rheinische Wesen hat sich die in der Bayreuther Villa Wahnfried aufgewachsene Nike Wagner schon ein bisschen zu eigen gemacht. Was im Rheinland zwei Mal passiere, sei Tradition, nach dem dritten Mal Brauchtum, griff sie eine in der hiesigen Gegend gern benutzte Redewendung auf, die sie auf ihren Festvortrag münzte.

 Festvortrag in der Uni-Aula: Nike Wagner.

Festvortrag in der Uni-Aula: Nike Wagner.

Foto: Barbara Frommann

Es war nach ihrem Debüt als Intendantin des Beethovenfestes im vergangenen Jahr ihre zweite Rede dieser Art, mithin befindet sie sich damit nun in einem Zustand der Tradition. In diesem Sinne ebenfalls schöne Tradition ist es, den im Rahmen der samstäglichen Eröffnungsmatinee in der Uni-Aula gehaltenen Festvortrag mit Musik einzurahmen, die gleichsam in Tönen das Motto des aktuellen Festivals umrankt. Es lautet "Veränderungen" und ist eine leichte Variation des 2013er Mottos "Verwandlungen" ihrer Vorgängerin Ilona Schmiel. Aber bei Nike Wagner findet es eine inhaltlich konsequentere Umsetzung, was ihr Vortrag auf plastische Weise verdeutlichte. Keimzelle der Idee sind die Diabelli-Variationen, denen in den nächsten Tagen ein ganzer Schwerpunkt mit fünf Konzerten und einer Gesprächsrunde gewidmet sein wird.

In ihrer brillanten, tiefgründigen und mit viel Witz formulierten Rede flocht Wagner einige aktuelle kulturpolitische Themen ein, wie etwa das Ende des Festspielhaus-Projektes, das von der Deutschen Post DHL Group "gekippt" worden sei, "in einem Moment, wo sich die Betriebsstiftung dieses Festspielhauses gründen wollte, im letzten Moment des möglichen Rückzugs für den Investor". Man werde wohl nie wissen, ob man Zeuge einer "Tragödie griechischen Ausmaßes" gewesen sei oder Zeuge des "Vermeidens einer Katastrophe für die Finanzen der Stadt" und Zeuge des Überlebens der kleineren, gewachsenen Kulturinstitutionen, "die sich bereits als Opfer eines im Namen von Beethoven veranstalteten Größenwahns fühlten - wir werden es nie wissen", sagte Nike Wagner, womit sie ihre eigene Position in der Schwebe hielt.

Hinter ihr saß das Beethoven Orchester, das unter der Leitung seines künftigen Interim-Chefs Christof Prick den ersten Satz aus Beethovens erster Sinfonie spielte. Die orchestralen Farben, die hier zu hören waren, musste man sich zuvor in der Interpretation desselben Satzes in der Klavierfassung von Franz Liszt, die von der Pianistin Mariam Batsashvili virtuos und gestalterisch souverän vorgetragen wurde, noch vorstellen.

Was diese Sinfonie in dem Komponisten Steffen Schleiermacher musikalisch auslöst, konnte man in dem Stück "Bann, Bewegung" aus dem Jahr 2010 nachhören. Die packende kompositorische Faktur des Stücks, dessen anfängliche Akkorde noch eher an die "Eroica" denken lassen, spielte das Orchester unter Prick mit ordentlichem Biss. Nicht nur Paukist Hermann-Josef Tillmann wurde stark gefordert, sondern auch der Rest des Ensembles, das hier eine beeindruckende Leistung ablieferte. Herzlicher Applaus für Rede und Musik.

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