Entschleunigung auf 180 Varietétheater GOP präsentiert neue Show "Slow"

Bonn · "Slow" heißt die jüngste Show, die es im GOP zu sehen gibt. Sie spielt bewusst mit dem Tempo, wird bewusst langsam und rasend schnell - nur die Theatermagie muss man beizeiten vermissen.

Immer diese Hektik. Schnell, schnell, schnell. Und dann noch schneller. Muss doch nicht sein, oder? Könnte man sich nicht entschleunigen? Und zum Beispiel von den Bernern lernen? Ja, wäre eine Möglichkeit. Eine, die sogar überaus amüsant sein kann, wie die neue Bonner GOP-Show „Slow“ beweist. Diese spielt ganz bewusst mit dem Tempo, nimmt sich mitunter zurück, drosselt das Varieté – und dreht dann um so mehr auf. Ein spannendes Konzept mit einigen echten Höhepunkten. Nur die Magie des Theaters, die fehlt mitunter.

Für die größten Aha-Momente sorgen diesmal allerdings nicht herausragende Artisten, auch wenn „Slow“ diese durchaus aufweisen kann. Stattdessen begeistern ein Fisch und eine Katze das Publikum nachhaltig. Nicht irgendwelche, versteht sich. Fliegende Tiere müssen es schon sein.

Die beiden Kreaturen aus dem Flugzoo des Schweizers Claude Criblez sausen über den Köpfen der Zuschauer umher, schlagen Salti, drehen Pirouetten und machen manchmal auch ganz unerwartete Bewegungen. Die fast schon kindliche Poesie ist bezaubernd, auch wenn Criblez kategorisch auf jegliche Illusion verzichtet. Er hat die Tiere gebaut, er steuert sie, er gibt das Tempo vor. Und das ist bei ihm nun einmal langsam. Das stört nicht, dafür ist er einfach zu charmant. Kopfkino oder andere Bildmagie bleibt allerdings weitgehend auf der Strecke. Irgendwie schade.

Tanz in der Luft und Spiel am Klavier

So war die Premiere von "Slow" im GOP
25 Bilder

So war die Premiere von "Slow" im GOP

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Weitaus mehr Geschwindigkeit bringt die Österreicherin Ingrid Korpitsch in „Slow“. Sie ist die zweite zentrale Figur des Abends, eine überaus dynamische Luftring-Akrobatin und zugleich eine exzellente Musikerin, die am Klavier gerne mal den Ton angibt. Darauf verlässt sich unter anderem der Cyr-Artist Jonas Witt, der mit atemberaubender Leichtigkeit in dem großen Ring sein Können zeigt.

Er spielt mit dem Tempo wie mit einem Instrument, ist unglaublich dynamisch, nimmt sich an den richtigen Momenten Zeit und ist gerade deswegen eine Augenweide. Die Choreographie hinter dieser Darbietung hätte ruhig auch auf den gesamten Abend ausgeweitet werden können, der zwar sehr unterhaltsam ist (vor allem nach der Pause), zugleich aber einen klareren Rahmen hätte vertragen können als den eines Nummern-Varietés mit Flugfischen. Und vor allem einen kontrastreicheren.

Immerhin lebt „Slow“ vom Spiel mit der Schnelligkeit, müsste eigentlich ständig changieren zwischen Stillstand und Tempo 180, doch zumindest in der ersten Hälfte bleibt sie irgendwo dazwischen. Erst im späteren Verlauf wird das Gaspedal bis zum Anschlag durchgedrückt, etwa von Chu Chuan-Ho, der wahrscheinlich einer der besten, auf jeden Fall aber einer der schnellsten Diabolo-Jongleure der Welt sein dürfte und mit technischer Perfektion punktet.

Seilspringen auf neuem Level

Oder vom Trio Tricked Out, das Seilspringen auf ein neues Level hebt. Ebenfalls stark, wenn auch bei vielen Elementen ihrer Kunst vorhersehbar, ist Hula-Hoop-Tänzerin Daria Shcherbyna, während Hazel Bock nach einer eher austauschbaren Jonglage-Nummer in der ersten Hälfte erst im späteren Verlauf zeigt, was alles in ihr und ihren Füßen steckt und mit diesen Bälle und auch Koffer in der Luft hält.

Komplettiert wird das Ensemble durch die beiden Ikarier Dario und Michael Togni, die sich gegenseitig durch die Luft katapultieren und damit schon zu Beginn der Show einen Höhepunkt zeigen, sowie durch Yulia Girda, die mit Michael eine tatsächlich entschleunigte, aber gerade deswegen eindrucksvolle Paar-Akrobatik präsentiert. Was fehlt, ist somit lediglich eine Geschichte, eine Rahmenhandlung, ein poetischer Überbau. Wer darauf verzichten kann, ist bei „Slow“ genau richtig für einen entspannten Abend.

"Slow" im GOP und auf dem KunstRasen

"Slow" läuft bis zum 8. September im GOP Bonn. Showzeiten sind Mittwochs und Donnerstags um 20 Uhr, Freitags und Samstags um 18 und um 21 Uhr, Sonntags um 14 und 17 Uhr. Karten erhalten Sie in den bonnticket-Shops der GA-Geschäftsstellen. In den Sommerferien vom 15. Jubi bis 27. August haben Kinder bis 14 Jahre in Begleitung eines regulär zahlenden Erwachsenen freien Eintritt. Tickets gibt es natürlich auch online.

Eine besondere Aufführung von "Slow" können Sie zudem am 21. Juli um 19 Uhr auf dem KunstRasen erleben. Dort zeigt das Ensemble Auszüge aus dem Programm und feiert damit drei Jahre GOP in Bonn. Der Eintritt ist an diesem Abend frei.

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