Von der alten Musik bis zum Modern Jazz

Veranstaltungsreihe "Rheinseits" in Bonner Villen - Assoziationen an die Blütezeit der Hausmusik

  Trio Vivente  musiziert in der Villa Prieger.

Trio Vivente musiziert in der Villa Prieger.

Foto: Müller

Bonn. Schon zum zweiten Mal standen einige der Villen, die seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an der "rheinischen Riviera" entstanden sind, als Zeugnisse Bonner Stadtgeschichte im Mittelpunkt der Veranstaltungsreihe "rheinseits", die in diesem Jahr unter dem Dach des Rheinischen Musikfestes beheimatet war.

An fünf Orten - den Villen Prieger, Spiritus, Hammerschmidt, Genienau und dem Rheinhotel Dreesen - gab es unter Federführung des veranstaltenden Bonner Kulturamtes ein breitgefächertes Programm, das von alter Musik bis hin zu Modern Jazz reichte.

Das häusliche Ambiente in Verbindung mit dem kammermusikalischen Repertoire weckte Assoziationen an die Blütezeit der Hausmusik, als man im trauten Kreise und im Anblick des Rheinpanoramas Streifzüge durch musikalische Landschaften unternahm. Geradezu augenfällig wurde diese Verbindung als Maria Polozkova als Zugabe ihres Konzertes in der Villa Hammerschmidt "In der Nacht" aus den Phantasiestücken von Robert Schumann mit schmachtendem Blick gen Rhein spielte.

Zuvor hatte sie als eine von vier Pianisten aus der Bonner Partnerstadt Minsk eine Sinfonie Ludwig van Beethovens in einer Klaviertranskription Franz Liszts gespielt.

Mit beherztem aber dennoch präzisem Zugriff und orchestralem Gestus hämmerte Polozkova das sogenannte "Schicksalsmotiv" in die Tasten und legte im weiteren Verlauf des für Pianisten zweifelsohne herausfordernden Stückes nicht nur eine erstklassige Kondition an den Tag, sondern bewies ihre Qualitäten auch in der verlässlichen Kontrastierung lyrischer Seitenthemen und kleinteiliger motivischer Arbeit mit orchestralen Apotheosen.

Die strukturellen Feinsinnigkeiten des zweiten Satzes wurden genauso klar durchleuchtet wie gewissermaßen auf Zehenspitzen gespielte Staccato-Passagen des Scherzos.

Noch intimer als im zweiten Dienstsitz des Bundespräsidenten war der Rahmen in der benachbarten Villa Spiritus, das heute Sitz des Verbindungsstabes der Britischen Streitkräfte in Deutschland ist. In der guten Stube des Hauses spielte Kristin von der Goltz zwei Suiten für Violoncello von Johann Sebastian Bach, zunächst die zweite in d-Moll, in deren Prélude sie mit improvisatorische Duktus und quasi im lockerem Parlando eine bis zum Schluss stetig steigende Spannung aufbaute.

Einen kantablen Grundcharakter besaß die Allemande, die allerdings mit einem reichlich kräftigen und bauchigen Ton gespielt wurde. Bei der Charakterisierung der verschiedenen Sätze setzte von der Goltz immer wieder sehr markante Akzente, in der dritten Suite in C-Dur etwa mit einer großen, das ganze Prelude umfassenden Geste, die einen imaginären Vorhang gewissermaßen öffnete und schloss.

In der lichtdurchfluteten Villa Genienau im Mehlemer Süden, die sich seit einiger Zeit wieder in Privatbesitz befindet, gastierte das Kokopelli Saxophon Quartett, das nach einer wohl sehr kurzfristigen Besetzungsänderung, in neuer Formation auftrat. Mit Christine Hörmann hat man seit neuestem eine Frau am größten Instrument, dem Baritonsaxophon.

Hörmann machte allerdings nicht den Eindruck eines Neulings, sie fügte sich in das im übrigen durch eine klare und saubere Intonation geprägte Klangbild ihrer alteingesessenen Kollegen - Thomas Käseberg (Sopransaxophon), Romano Schubert (Altsaxophon), Georg Niehusmann (Tenorsaxophon) ein.

Verbunden durch eine launige Moderation schwamm sich das nach einer indianischen Mythenfigur benannte Quartett stets sicher frei, sei es in einer barocken Suite in g von Marin Marais, die einen jazzigen Unterton jedoch nie so ganz verleugnen konnte oder einem charmanten und manche Überraschung beinhaltenden Chanson-Potpourri inklusive Gesangseinlagen und Megaphonunterstützung von Heike Beckmann.

Ein kurzweiliger Genuss waren einige Miniaturen von Erik Satie, aus dessen beziehungsreichem Dada-Zyklus "Sport und Vergnügen" man einige Banalitäten mit herrlicher Chuzpe und vergnüglichem Augenzwinkern servierte.

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