"Piranesis Antike - Befund und Polemik" Wallraf-Richartz-Museum zeigt "sprechende Ruinen"

Köln · Ein höhlenartiges Labyrinth saugt den Betrachterblick ins Dunkle, Unheimliche. Giovanni Battista Piranesis (1720-1778) Innenschau der sogenannten Maecenas-Villa erinnert an die albtraumhaften "Carceri" des bekannten Radierers. Sie ist eine von 17 Arbeiten aus dem Zyklus "Vedute di Roma", die nun im Graphischen Kabinett des Wallraf gezeigt werden. Zusätzlich ist ein Korkmodell des Konstantinsbogens aus dem Ungers-Archiv zu bestaunen.

 Noch im Verfall grandios: Den Janusbogen stellte Piranesi um 1769-71 auf dieser Radierung dar.

Noch im Verfall grandios: Den Janusbogen stellte Piranesi um 1769-71 auf dieser Radierung dar.

Foto: Museum

Zwar lädt Thomas Ketelsen als Leiter der Graphischen Sammlung für die exzellente Reihe "Der (un)gewisse Blick" nicht zum ersten Mal Gäste ein. Diesmal aber bringen die neben den Werken auch gleich das Konzept mit. Zum 625-jährigen Jubiläum der Kölner Universität leiht deren Archiv die Exponate aus. Insgesamt, so Archivleiter Andreas Freitäger, besitzt man 46 Rom-Veduten Piranesis, die Sammler Joseph Kroll seinem "Institut für Altertumskunde" vermachte. Letzteres übergab sie aber 2008 aus konservatorischen Gründen dem Universitätsarchiv.

Dort stimulieren die Werke auch den Forschungseifer der studierenden Archäologen und Kunsthistoriker, die nun unter Federführung von Filomena Lopedoto Ausstellung und Führungsprogramm planten. Eigentlich war Piranesi zwar Baumeister, aber ein verhinderter. Einerseits wohl wegen Auftragsmangels. Doch noch angesichts der maroden römischen Herrlichkeit stellte er fest: "Es besteht ja für einen Architekten dieser Zeit keine Hoffnung, derartiges wirklich auszuführen."

Also wurde der geborene Venezianer zum zeichnerischen Chronisten der "ewigen Stadt", die er als wahre Wiege der Antike erbittert, auch polemisch gegen Athen verteidigte. In nuancierter Monumentalität, oft aus ehrfürchtiger Untersicht, hielt er die einstigen Prachtbauten fest und attestierte den "sprechenden Ruinen" noch im Verfall eine unzerstörbare Grandezza.

Ob Titusbogen, die Kirche Santa Maria degli Angeli oder Forum Romanum - Piranesi war sowohl Chronist wie Regisseur, der die Bauten wie gigantische Bühnen inszenierte. Bröckelnde Steinmassen wirken wie Felsabstürze, wie sich überhaupt die Natur des Menschenwerks bemächtigt. Nicht nur aus der Kuppel des "Tempels des Hustens" treibt üppiges Grün aus, auch in der Villa Hadriana überwuchern Pflanzen das Gestein. Und andere einst herrschaftliche Gemäuer sind längst durch eingebaute Wirtschaften und Geschäfte "entweiht". Der Radierer wusste um die Mechanismen optischer Überwältigung: Er belebte seine Gebäude mit stark verkleinerten Staffage-Figuren, die ihre Auftrittsorte so indirekt vergrößern. Und obwohl er seine Werke mit akademischen Verweisen und manchmal gar mit Restaurierungsvorschlägen garnierte, vermied er akademische Sterilität. Auf und unter der Ponte Lugano wimmelt es nur so von Leben, und um den Janusbogen herum weiden Rinder und Ziegen.

Im 18. Jahrhundert hat Piranesi nicht schlecht vom Verkauf seiner Veduten an jene meist adeligen Reisenden verdient, die Rom zum Gipfel ihrer bildungsträchtigen "Grand Tour" machten. Zeitgenössische Kritiker zeigten sich teilweise irritiert, dass sich der Künstler bei der Darstellung der Ruinen seine Freiheiten nahm. Letztlich aber verziehen sie ihm diese "schöne Untreue" und priesen Piranesi sogar als "Rembrandt der Ruinen".

Information

Bis 26. Januar 2014, Dienstag-Sonntag 10-18 Uhr, Donnerstag 10-21 Uhr. Feiertage: 10-18 Uhr. Katalogbuch: 13,90 Euro. www.wallraf-museum

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