Walzer mit Ravel in Bonn

Trillernde Piccoloflöten, lustige Klarinetten, ein gut gelaunter Schrummelbass - in die fünfte Variation des langsamen Satzes aus Beethovens Streichquartett op.18 Nr.5 lässt sich unschwer ein kreuzfideles Tanzmusikensemble "hineinhören".

Walzer mit Ravel in Bonn
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Trinitatiskirche. Trillernde Piccoloflöten, lustige Klarinetten, ein gut gelaunter Schrummelbass - in die fünfte Variation des langsamen Satzes aus Beethovens Streichquartett op.18 Nr.5 lässt sich unschwer ein kreuzfideles Tanzmusikensemble "hineinhören".

Das Geniale daran - die Ausgangsidee, eine schüchterne Melodie - ist hinter der derben Musik immer noch erkennbar. Es ein frühes Beispiel für Beethovens geniale Variationskunst, die in späteren Werken immer mehr Raum einnimmt. In der Trinitatiskirche erlebte man diese hinreißende Musik lustvoll dargeboten vom Felicitas-Quartett mit Marie-Luise Hartmann und Stephan Gröschel, Violinen, Thomas Plümacher, Viola, und Eva Walcher, Violoncello.

Den ersten Satz bot man sehr schön plastisch und organisch, das folgende Menuett zwischen tänzerischem Schwung und akzentgesteuerter Widerborstigkeit pendelnd, das Finale schließlich mit angemessenem "Drive". Melancholie und hinterlistige Heiterkeit trafen im Anschluss in zwei Sätzen von Dimitri Schostakowitsch aufeinander. Irgendwo zwischen Pizzicato-Polka und Flohwalzer ist das Allegretto angesiedelt - dank quirligen Spiels des Ensembles sprang der Witz auf die Zuhörer über.

Nach der Pause dann Romantik pur mit Robert Schumanns Quartett A-Dur. Auch hier eine achtbare Leistung, wiewohl gelegentlich Grenzen spürbar wurden. Glanzpunkt: das sehr berührend gestaltete, zwischen strömendem Gesang und verträumtem Innehalten pendelnde Adagio molto. Und weil es so schön war, gab es den burlesken Schostakowitsch-Satz als Zugabe. Mathias Nofze

Augustinum. Format bewies Motoi Kawashima bei seinem Klavierabend im Augustinum. Nicht nur, dass er Franz Schuberts Sonate A-Dur Nr. 20 - die mittlere aus seinen drei letzten Klaviersonaten - mit straffem Konzept und klarer Struktur spielte. Auch sonst zeigte er viel Sinn für einen geordneten Aufbau. Das viersätzige Werk spielte er mit viel Sentiment aber ohne Gefühlsduselei, vor allem im abschließenden lyrischen Rondo.

Auch in Wolfgang Amadeus Mozarts eingangs gespielter Fantasie d-Moll (KV 397) grenzte Kawashima einzelne Formteile deutlich voneinander ab und gab ihnen individuelle Konturen, allerdings hinterließ sein an sich untadeliges Spiel hier noch einen etwas steifen und förmlichen Eindruck.

Nicht ganz so abgezirkelt wirkte indes Ludwig van Beethovens Mondscheinsonate. Im ersten Satz erzeugte Kawashima eine stimmige mystische Atmosphäre. Der Kontrast zum flirrenden Finalsatz hätte kaum größer sein können. Die großen Gegensätze in diesem relativ kurzen Werk realisierte Kawashima mit großer Brillanz, ebenso wie in Frédéric Chopins Polonaise-Fantaisie As-Dur op. 61. Hier konnte er mit seiner enormen Virtuosität richtig auftrumpfen, was jedoch nie auf Kosten des musikalisch vielschichtigen Ausdrucks ging. Guido Krawinkel

St. Winfried. Ein Duo am Spieltisch ist eher die Ausnahme. Organisten sind, sieht man von hilfreichen Händen beim Registrieren einmal ab, eher Einzelkämpfer. Das war nicht immer so, wie Spezialist Michael Gassmann in seiner instruktiven Einführung erläuterte. In Großbritannien kannte man bis zum Ende des 18. Jahrhundert kein Pedal, hatte dafür aber umfangreichere Manuale, sodass sich vier Hände die Stimmen teilen konnten.

Mit seinem Kollegen Georg Friedrich hatte Gassmann für ein Konzert an der neuen Winterhalter-Orgel von St. Winfried eine English Connection von einigen Schwierigkeitsgraden zusammengestellt. Neben den ersten Werken zu vier Händen überhaupt (von Thomas Tomkins und Nicolas Carleston aus dem 16. Jahrhundert) gab's mit dem britischen Bach-Entdecker Samuel Wesley einen echten Klassiker: Sein opulentes "Duet for the Organ in C" aus dem Jahre 1812 bietet jede Menge technische Tücken und gipfelt in einer fulminanten Fuga.

Friedrich und Gassmann, die über den Abend zwischen Primo- und Secondo-Part wechselten, zeichneten den üppigen Farbenreichtum des Werks durch originelle Registrierungen idiomatisch überzeugend nach. Zu "toppen" war solch ein Klangrausch dann nur noch durch eine brillant jubilierende "Hallelujah"-Bearbeitung aus Händels "Messiah" als Zugabe.

Eingangs war Wesley mit drei seiner acht "Duets for Eliza" zu hören, bei denen das Zusammenspiel der beiden Organisten bisweilen deutlich hakelte. Als kleines Schmankerl gab es Mozarts D-Dur-Sonate KV 381 für Klavier zu vier Händen, eine Bearbeitung, die erst im finalen Allegro molto wirklich zu überzeugen vermochte. Fritz Herzog

Klavins. Mehrfach war Karla Haltenwanger bereits zu Gast im Klavierhaus Klavins, immer wieder mit einer anderen Besetzung. Dieses Mal hatte sie mit Sara Koch eine Pianisten-Kollegin mitgebracht und ein interessantes Programm mit Werken für vier Hände oder zwei Klaviere obendrein.

Den Höhepunkt des Konzertes bildete Sergej Rachmaninows zweite Suite op. 17 für zwei Klaviere, die nicht nur im massigen ersten Satz mit seinen wuchtigen Akkordballungen eine pianistische Herausforderung darstellt, die die beiden Interpretinnen jedoch mit Bravour meisterten. Wahrlich berauschend spielten Haltenwanger und Koch auch "La Valse" von Maurice Ravel. Während der Anfang eher mulmig als mystisch geriet, steigerten sich die beiden erheblich und zündeten kontinuierlich Stufe um Stufe auf der musikalischen Eskalationsleiter - bis hin zum rauschhaften Finale.

Ein wenig idyllischer ging es in Gabriel Faurés Dolly-Suite op. 56 zu, bei dem die Koordination der beiden zuweilen zwar leicht aus dem Gleichschritt geriet, bei der sie aber mit feinsinnigem und charaktervollem Spiel bezauberten, das die Eigenheiten dieser eigenwilligen Musik in bezaubernder Weise zum Tragen brachte.

Auch Franz Schuberts eingangs gespielte f-Moll-Fantasie (D 940) gestalteten Haltenwanger und Koch mit viel Fingerspitzengefühl und Sinn für die formalen Zusammenhänge. Das Ergebnis war nicht nur schön anzuhören, es war auch ein geradezu ohrenfälliger Beweis für die Innigkeit und tiefe Durchdringung, mit der die beiden diese Musik spielten. Guido Krawinkel

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