Vor der Premiere Von „Woodwalkers“ im Jungen Theater Bonn Wandler zwischen den Welten

Bonn · Das Junge Theater Bonn bringt „Woodwalkers“ von Katja Brandis auf die Bühne. Damit beweist das Theater einen guten Riecher für Erfolgsthemen. Und wandelt auf ähnlichen Pfaden wie einst Harry Potter.

 Das Team und die Autorin: Katja Brandis (oben links neben dem Banner) schaute in Bonn beim Jungen Theater und seinem Ensemble vorbei.

Das Team und die Autorin: Katja Brandis (oben links neben dem Banner) schaute in Bonn beim Jungen Theater und seinem Ensemble vorbei.

Foto: JTB

In den 20 Jahren als Intendant des Jungen Theaters Bonn (JTB) habe er es noch nie erlebt, dass eine prominente Autorin persönlich zum Probenbeginn ihres Stücks gekommen sei, erklärte Moritz Seibert. Katja Brandis, Erfinderin der „Woodwalkers“, gab beim Pressegespräch am Montag zu gerne zu, dass sie ein wenig aufgeregt sei bei der Vorstellung, bald ihre Fantasiegeschöpfe erstmals als lebendige Wesen auf der Bühne zu erleben.

Das JTB kannte Brandis bereits vor der noch vor Ausbruch der Pandemie erfolgten Anfrage zur Dramatisierung, weil sie im Rahmen des rheinischen Lesefests „Käpt’n Book“ mehrfach in Bonn zu Gast war. Mit ihren beim Arena-Verlag erschienenen Jugendromanserien „Woodwalkers“ und „Seawalkers“ belegte sie seit 2017 Spitzenplätze auf den Spiegel-Bestsellerlisten. Insgesamt wurden mittlerweile weltweit über zwei Millionen ihrer zahlreichen Bücher verkauft, und die Menge ihrer Fans wächst ständig weiter.

Etwa 20 Leserbriefe habe sie täglich zu beantworten – trotz einer festen Hilfskraft, die auch ihre umfangreiche Homepage und ihren Youtube-Kanal betreut, mache sie das meistens selbst. Glücklicherweise falle ihr das Schreiben leicht, was bei ihrer literarischen Produktivität – die Vormittage gehören konsequent der schriftstellerischen Arbeit – ein großer Vorteil sei.

Die Idee kam im Yellowstone-Nationalpark

Katja Brandis – geboren 1970, mit bürgerlichem Namen Sylvia Englert – ist eine ihrem Publikum zugewandte Autorin. Im JTB-Café plaudert sie sympathisch unprätentiös über ihre erstaunliche Karriere. Schreiben wollte sie schon als Kind. Nach dem Studium der Anglistik, Amerikanistik und Germanistik veröffentlichte sie 2002 ihren ersten Roman. Jahrelang galt sie als Geheimtipp, bis im Sommer 2016 mit „Woodwalkers“ der Durchbruch kam.

Die Idee dazu entstand bei der Tierbeobachtung im Yellowstone-Nationalpark. „Vielleicht beobachten die Tiere auch uns“, war die anfängliche Vermutung: „Schließlich ist die Menschenwelt voller Rätsel. Wäre es denkbar, einen Weg zu finden, wie man in beiden Welten leben kann?“ Die Antwort waren die „Wandler“ oder „Walker“, also besondere Wesen, die sowohl Tier- als auch Menschengestalt annehmen können. Bei den Woodwalkers sind es Landtiere wie der Ich-Erzähler Carag, der als Puma zur Welt kam und sich mit elf Jahren entschloss, als Menschenjunge in einer kleinen Stadt nahe bei seinem Heimatwald zu leben. Bis er auf Clearwater-High landet, einer geheimen Schule speziell für Wandler. Es ist also auch eine Internatsgeschichte wie beim Zauberlehrling Harry Potter und eine Coming-of-Age-Story.

Friedliches Miteinander in Mensch- und Tiergestalt

Hier leben sie alle friedlich in Menschen- und Tiergestalt zusammen: Carags bester Freund Brandon (ein ebenso starker wie schüchterner Bison), seine Freundinnen Holly (Rothörnchen) und Tikaani (Polarwölfin), von Ameise und Spinne bis zur Ziege. Natürlich gibt es in diesem diversen human-animalischen Bestiarium auch Feindschaften und brisante Konflikte, die manche Freundschaften auf harte Proben stellen.

Den spannenden Stoff – basierend auf dem 1. Teil „Carags Verwandlung“ – hat der Kölner Schauspieler, Regisseur, Radiosprecher und Theaterpädagoge Marcel Höfs – in Bonn unter anderem bekannt von Auftritten im Springmaus-Theater und im Contra-Kreis – für die Bühne bearbeitet. Wobei ihm neben der Autorin auch seine Tochter zur Seite stand, die nicht nur eine exzellente „Woodwalkers“-Kennerin ist, sondern auch mitspielen wird in dem vom JTB aus vielen Bewerbungen ausgewählten 14-köpfigen Nachwuchs-Cast. Zusammen mit fünf Mitgliedern des Profi-Ensembles untersuchen sie nun täglich Daseinsformen und Metamorphosen zwischen Natur und ziemlich merkwürdiger Menschenwelt.

Eine Armbanduhr wird zum Verhängnis

Nick Westbrock, der am JTB bereits erfolgreich „Die Schule der magischen Tiere“ von Margit Auer inszenierte, übernimmt die Regie. Nach zahlreichen Musiktheater-Produktionen freut er sich auf die neue Herausforderung. Anders als beim Film – die Verfilmung der „Woodwalkers“ ist schon fest geplant, aber das JTB hatte mal wieder die Spürnase für gute Geschichten ganz vorn – müssen auf der Bühne die fantastischen Verwandlungs-Effekte körpersprachlich mit Bewegungen, Stimme und Mimik geschehen, unterstützt von Licht und Kostümen. Die Jugendlichen tragen normale Streetwear, naturalistische Tiere werden nicht vorkommen. Ausstattungsleiterin Katha Savvides und ihr Team sorgen dennoch dafür, dass ein Puma mit grüngoldenen Augen, ein Bison mit Hörnern, ein Seeadler und Rabenzwillinge mit Flügeln erscheinen. Bei einer Wespe reicht es möglicherweise schon, sie bloß zu hören. Wobei jetzt schon verraten werden darf, dass eine sauteure Armbanduhr üblen Wandlern zum Verhängnis werden kann und an frechem Witz nicht gespart wird.

Die Vorstellung wird empfohlen für Publikum ab acht Jahren. Termine bis zum 30.12. 2022 können ab sofort schon gebucht werden.

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