Was der Kölner U-Bahn-Bau ans Licht brachte

Bonn · Wieder einmal sind es imponierende Zahlen, die ein Licht auf die überregionale Bedeutung der Jahrestagung "Archäologie im Rheinland - Ausgrabungen, Forschungen und Funde 2011" werfen.

Denn immerhin 400 Teilnehmer besuchten die 46 Vorträge im LVR-Landesmuseum Bonn. Über 300 Ausgrabungen konnten registriert werden, wobei die beiden archäologischen in Eigenverantwortung erforschten "Exterritorial-Gebiete" Köln und Xanten nicht einmal mitgezählt wurden.

Zwei Forschungsgebiete treten aus der Vielzahl hervor: der gut 400 Kilometer lange Verlauf des niedergermanischen Limes von Rheinland-Pfalz über Nordrhein-Westfalen bis in die Niederlande einerseits und die Braunkohlenarchäologie andererseits, die insbesondere durch Funde im Tagebau Inden, im Tal der Inde, Spuren selbst eiszeitlicher Menschen offen legte. Hier ließ sich auch eine Römersiedlung mit einem technisch und ästhetisch ansehnlichen Gläserensemble aus dem 4./5. Jahrhundert n. Chr. nachweisen.

Weit vor die Zeitenwende greift das stattliche keramische Vorratsgefäß aus Weilerswist, das 78 Zentimeter Höhe und 91 Zentimeter Breite misst. Es wird der frühen bis mittleren Eisenzeit um 800 bis 400 v. Chr. zugeordnet. Wiederum in die Römerzeit führt der ebenfalls vorgestellte "Fund des Monats Februar", eine so genannte Manica, Armpanzer eines römischen Soldaten, der um 100 n. Chr. gedient hat. Anschaulich wird diese archäologische Rarität aus einem neu entdeckten Römerlager bei Kalkar durch eine moderne Replik mit 19 an Lederriemen befestigten hauchdünnen Messingschienen; sie sollten den rechten Arm des Kämpfers schützen. Bestätigt wird diese Zweckbestimmung durch Abbildungen auf Grabsteinen.

Während der zehn Jahre währenden "U-Bahn-Archäologie" in Köln, in der alten Colonia Agrippinensis, konnten nicht weniger als 2500 Objekte aus 30 000 Quadratmeter Boden geborgen werden. Vom Kölner Waidmarkt stammt der Weihestein eines römischen Stadtrats mit Namen Lucius Carinius Sollemnis, den er dem Gott Mercur geweiht hatte. Rund 100 Bestattungen des römischen und frühmittelalterlichen Friedhofs um St. Gereon zählen zum "Grabungsgeschäft", dessen Ergebnisse als Beispiele aktueller Archäologie im Römisch-Germanischen Museum Köln auf großes Interesse stoßen.

Dass die rheinische Archäologie und Bodendenkmalpflege auch sonst publikumswirksam sind, lässt sich der 632 000 Besucher zählenden Statistik 2011 des Archäologischen Parks mit Römermuseum in Xanten ablesen. Jüngste Forschungsgrabungen legten dort den Grundriss eines 2000 Quadratmeter messenden Gebäudes frei, über dessen Funktion noch diskutiert wird.

Weil sie meist dem Verfall erliegen, erlangen Textilfunde Seltenheitswert. Auch darum stieß der neuzeitliche - eigentlich unscheinbare - federgefütterte Fingerhandschuh aus grobem Leinen auf Bewunderung. Er wird im 16. oder 17. Jahrhundert einem Maurer oder Bäcker als Arbeitshandschuh gedient haben. Die solche Raritäten dokumentierende Publikation "Textilien in der Archäologie" zählte zu den auf der Tagung vorgestellten Neuheiten.

LVR-Landesmuseum Bonn, Fund des Monats bis 29. Februar, Neufunde der rheinischen Archäologie bis 4. März; Di, Do bis So 10-18, Mi 10-21 Uhr; Publikation 21 Euro

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