Köln WDR-Sinfonieorchester unter Jukka-Pekka Saraste

KÖLN · Wer sich darüber ärgert, dass die Filmmusik Rachmaninows Werk schamlos ausgeplündert und in Verruf gebracht hat, muss dennoch zugeben, dass der Anfang des 2. Klavierkonzerts in c-Moll ganz von selbst großes Kino ist.

Vor allem dann, wenn er so gespielt wird wie vom WDR-Sinfonieorchester (WDRSO) unter Jukka-Pekka Saraste und Anna Vinnitskaya in der ausverkauften Kölner Philharmonie. Großartig steigert die Pianistin die einläutenden Glockenschlag-Akkorde vom Piano zum Fortissimo, bis auf dem Höhepunkt die Streicher mit dem schwermütigen Hauptthema con passione einsetzen.

Und während Vinnitskaya ihre Arpeggien rauschen lässt, legt das WDRSO so viel Leidenschaft und russische Seele in diese Melodie, dass sich selbst beim abgebrühtesten Hörer Gänsehaut einstellt. Jukka-Pekka Saraste hat ein Händchen für Rachmaninow.

Ohne die kunstvolle Gesamtstruktur der Sätze aus den Augen zu verlieren, setzt er die Crescendo-Effekte, sinnlichen Harmonierückungen und mitreißenden Rhythmen in Szene. Anna Vinnitskaya, obwohl sie hellwach mit dem Orchester kommuniziert, spielt zugleich wie in ihrer eigenen Welt.

Ob das elegische Stimmungsbild des Adagios oder die virtuosen Läufe und Kadenzen des Schluss-Allegros - die Musik scheint aus der russischen Pianistin einfach so herauszuströmen. Das gilt auch für die meditative Zugabe, mit der sich Vinnitskaya vor dem Dirigenten der Uraufführung des c-Moll-Konzerts verneigt: Alexander Silotis geniale Bearbeitung des Bach-Präludiums BWV 855a.

Nach der Pause präsentiert das WDRSO mit der B-Dur-Sinfonie Ludwig van Beethoven als Meister des hintergründigen Humors. Saraste sorgt dafür, dass niemandem die vielfältigen Farb- und Stimmungsdetails entgehen, arbeitet das frische Thema des Kopfsatzes mit kammermusikalischer Delikatesse heraus und bringt das Orchester bei den Schwerpunktverschiebungen des Scherzos ordentlich auf Trab.

Starke Akzente, scharfe Konturen und ein nie nachlassender Bewegungsimpuls charakterisieren auch den graziösen Finalsatz. Gemessen am Applaus zum Schluss des von WDR 3 live übertragenen Konzerts hat der reizvolle Kontrast zwischen Rachmaninows mondäner Tonsprache und Beethovens augenzwinkernden Regelbrüchen allen sehr gut gefallen.

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