Premiere im Contra-Kreis Wein, Weib und Gesang

Bonn · Deutsche Erstaufführung von „Das Geheimnis der drei Tenöre“ im Contra-Kreis. Bejubelte Premiere.

 Ausgelassene Stimmung im Hotelzimmer. Szene aus „Das Geheimnis der drei Tenöre“.

Ausgelassene Stimmung im Hotelzimmer. Szene aus „Das Geheimnis der drei Tenöre“.

Foto: Contra

Der Tenor ist für Heldenrollen geboren. Der Tenor wird vergöttert und geliebt. Spätestens seit das legendäre Trio Carreras, Domingo, Pavarotti in den 1990er Jahren die Fußballstadien eroberte, werden Tenöre gefeiert wie Popstars. Darauf setzt auch Impresario Henry Saunders, der im Pariser Olympiastadion die „Drei Tenöre“ präsentieren will. Die neue, 2015 mit großem Erfolg in Cleveland uraufgeführte Komödie des Amerikaners Ken Ludwig verlegt „Das Geheimnis der drei Tenöre“ zwar in die 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts (schön illustriert von Bühnenbildner Johannes Fischer), aber in der Inszenierung von Contra-Kreis-Chef Horst Johanning tut das wenig zur Sache. Mit der deutschsprachigen Erstaufführung hat er seinem Haus zum 50. Jubiläum am jetzigen Standort ein echtes Geschenk gemacht. Auch dem begeisterten Publikum, das die Premiere mit opernreifem Jubel belohnte.

Opernreif ist zweifellos die ganze Story, die anknüpft an den Riesenfolg von Ludwigs „Otello darf nicht platzen“, der 1993 am Contra-Kreis herauskam. Stephan Schleberger spielte damals den Max und ist nun der Konzertmanager Henry, der kurz vor dem Event wirklich ein solides Nervenkostüm braucht. Denn Tenor bedeutet Leidenschaft. Bei einem italienischen Startenor wie Tito Merelli leider auch jenseits der Bühne. Der äußerst wandlungsfähige Ralph Schicha gibt fabelhaft den dramatischen Herrn im gereiften Mannesalter, der bei Wein, Weib und Gesang gelegentlich die Reihenfolge verwechselt.

Glücklicherweise hat er die ebenso attraktive wie treue Ehefrau Maria an seiner Seite, die ihm manchmal klar machen muss, dass es ein Leben außerhalb von Verdi- und Puccini-Verwicklungen gibt. Die grandiose Andrea Wolf ist mit temperamentvoller Italienitá die rotblonde Seele des zunehmend aus dem Ruder laufenden Geschehens. Das gemeinsame Töchterchen nannten sie übrigens Mimi. Und während Papa noch seine Gattin bittet: „Wenn sie in die Pubertät kommt, ruf mich an“, ist das Mädel (bezaubernd: Christine Last als angehende Filmschauspielerin) längst in die Bohème entwischt.

Während die Zeit unerbittlich abläuft und Tausende von Opernfans sehnsüchtig dem Tenorhimmel entgegenfiebern, entschwindet also eine junge Frau halbnackt durchs Stadion. Was etwas mit dem roten Sofa in Merellis luxuriösem, jedoch noch nicht ganz aufgeräumten Rokoko-Hotelzimmer zu tun hat. Sowie mit dem blutjungen lyrischen Tenor und Mädchenschwarm Carlo Nucci, dessen Gagen und naive Erotik Merelli zur Weißglut und zum buchstäblichen Zungenverzehr treiben. Zumal dieser Sonnyboy (hinreißend: Hermann Bedke) wirklich alles hat, was Frauenherzen in höhere Schwingungen versetzt.

Nachdem sich ein schwedischer Tenor zur Beerdigung seiner Mutter nach Norden verabschiedet hat, ist Hotelboy Beppo, in Venedig als singender Gondoliere mit Scala-Ambitionen aufgewachsen, die letzte Rettung. Eine feurige russische Sopranistin (umwerfend: Monika Guthmann) mischt alles noch mal Tschaikowskimäßig melancholisch auf. Raffiniert schwarz-rot kostümiert von Anja Saafan.

Die fiesen Tenorwitze haben wahrscheinlich die dauernd unterbelichteten Bässe erfunden, die notorisch behaupten, dass ein Tenor nicht bis Drei zählen kann. Hier entfachen am Ende vier Tenöre sowie ein Sopran mit Schauspieler-Belcanto eine Show (musikalisch geleitet von Stephan Ohm) mit Kultpotenzial. Der Rest ist ein Theatergeheimnis, das man selbst lösen sollte.

Vorstellungen bis Ende Februar fast täglich; Karten u.a. bei allen Ticketshops des GA.

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