Max-Ernst-Museum in Brühl Werner Spies gibt Ämter ab

Seit seine Verwicklung in den Beltracchi-Kunstskandal bekannt wurde, galt Werner Spies als umstritten. Nun gibt er seine Ämter beim Landschaftsverband Rheinland (LVR) und damit den Stiftungsrats- und Kuratoriumsvorsitz beim Brühler Max-Ernst-Museum ab. Er hatte den Stiftungsratsposten seit Ende 2011 ruhen lassen.

 "Kein Interesse mehr": Experte Werner Spies.

"Kein Interesse mehr": Experte Werner Spies.

Foto: dpa

Der LVR nahm den Rückzug per Presseerklärung schmallippig "zur Kenntnis". Laut Jürgen Wilhelm, Vorsitzender der Landschaftsversammlung des LVR, geschieht der Schritt auf Spies' Wunsch, "weil er im Alter von 75 Jahren und aufgrund der Leseverpflichtungen für seine fast fertige Autobiographie keine Vertragsverlängerung mehr wünschte".

In einem Schreiben von Werner Spies' Anwalt Peter Raue an Wilhelm wird "die bestehende politische Beschlusslage" als Grund genannt. "Unter den gegebenen Umständen" habe Spies an der Betreuung und Realisierung von Brühler Ausstellungen "kein Interesse mehr". Wilhelm erklärt: "Es gibt diese politische Beschlusslage nicht." Doch gab es nach Informationen dieser Zeitung ein Treffen von Wilhelm mit den Fraktionschefs der Landschaftsversammlung, bei dem die Nichtverlängerung der auslaufenden Spies-Verträge verabredet wurde.

Raue bestätigte gestern, "dass wir von diesen Überlegungen der Fraktionen wussten", nannte aber Spies' Alter und das Buch als Rückzugsgründe. "Denn eins war ihm klar: Ein bisschen Brühl geht nicht." Dass der Kunstkenner und einstige Max-Ernst-Freund dem Museum seit dessen Eröffnung glanzvolle Ausstellungen und prominente Gäste wie Christo und David Lynch vermittelte, ist unbestritten und hat ihn lange geschützt. Dabei hing in Brühl 2006 die am teuersten verkaufte Beltracchi-Fälschung zuvor als von Spies für echt befundenes Max-Ernst-Werk.

Hatte die Pariser Galerie Cazeau-Béraudière das Museum als Durchlauferhitzer für das später für sieben Millionen Dollar an Daniel Filipacchi verkaufte Gemälde "La Forêt" benutzt? Gab es deshalb ein kleines Ernst-Selbstbildnis als Dank an Spies und das Museum? "Grotesk" nannte dessen Direktor Achim Sommer damals diese Vorwürfe.

Am Montag erklärte er: "Wir blicken anerkennend und mit großer Wertschätzung" auf die Arbeit die Spies in den zurückliegenden für das Museum geleistet habe. Auch die mit Besucherrekord (46.000) beendete Schau über Niki de Saint Phalle "konnte wesentlich durch seine Unterstützung realisiert werden".

Spies' Ruf hat Kratzer bekommen

Im Kölner Prozess gegen Beltracchi & Co. hatte Spies' Ruf als Gutachter tiefe Kratzer bekommen. Auf dem südfranzösischen Anwesen der Fälscher hatte er unwissentlich sieben Beltracchis als echte Werke von Max Ernst testiert. Beltracchi meinte im Prozess: "Der war immer begeistert." Nach "stilkritischer Betrachtung" vermerkte Spies auf der Rückseite eines Werk-Fotos, dass er dieses Gemälde in sein Max-Ernst-Werkverzeichnis aufnehme. Dieser "Ritterschlag" war Gold wert, auch für Spies, der allein von den Beltracchis 400 000 Euro an Provisionen kassiert haben soll und auch von Galeristen als Vermittler bezahlt wurde.

Für Brühl hat Spies keine Ankäufe getätigt. Allerdings hat er dem Haus eine Ausstellung von Sam Szafran empfohlen. Den vertritt jene Pariser Galerie Hopkins-Custot, die einen von Spies fälschlich als echt testierten Max Ernst in Umlauf brachte. Echten Schaden erlitt die Würth-Sammlung, die das falsche Gemälde "La Horde" für 4,6 Millionen Dollar kaufte. Das irrige Gutachten stammte von Spies, der auch im Würth-Kunstbeirat saß.

In Frankreich hat ein Zivilprozess gegen Spies begonnen. Der Käufer des falschen Ernst-Gemäldes "Tremblement de terre" klagt auf Schadenersatz, doch laut Raue "ruht der Prozess so still wie der See". Und in Brühl? Dort wählt man "wohl im Herbst" (Wilhelm) einen neuen Stiftungsratsvorsitzenden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort