West-Eastern-Divan-Orchestra begeistert beim Rolandseck-Festival

Israelisch-arabische Harmonie: die jungen Musiker gehen mit glänzendem Beispiel voran

Rolandseck. Der 84-jährige Chaim Taub ist so etwas wie die Seele des Festivals Rolandseck. Der Platz, auf dem der greise Musiker sitzt, wirkt für die jungen Kollegen wie ein Magnet. Immer wieder suchen ihre Augen seinen Blick, als wollten sie in ihm lesen, wie sie gespielt haben.

Taub verbindet eine jahrzehntelange gemeinsame Geschichte mit Rolandseck. Sie begann in den 60er Jahren mit Johannes Wasmuth, der den Bahnhof als Museum eingerichtet hatte und darüber Gründer der Konzertreihe "Festival Pro" war.

Der Rolandsecker Impresario holte damals das Israel Philharmonic Orchestra an den Rhein und legte damit einen Grundstein für die kulturelle Beziehung zwischen Israel und der Bundesrepublik. Taub war damals erster Konzertmeister des Klangkörpers.

Er blieb dem Bahnhof verbunden, leitete 1982 bis 1996 regelmäßig die Rolandsecker Sommerkurse, in denen erfahrene Orchestermusiker dem überwiegend aus Israel stammenden Nachwuchs Meisterkurse gaben.

Zum 4. Festival Rolandseck feiert diese Einrichtung nun fröhliche Urständ. Und wieder unter Leitung von Chaim Taub. In diesem Jahr wurden ausschließlich junge Musiker von Daniel Barenboims West-Eastern-Divan-Orchestra eingeladen.

Wenn nun 13 Nachwuchsmusiker aus Iran, Palästina, Ägypten, dem Libanon, der Türkei, Syrien und Israel einträchtig zusammen proben und musizieren, ist damit eine klare politische Botschaft ganz in der Tradition Wasmuths verbunden.

Für den heutigen künstlerischen Leiter des Festival, Guy Braunstein, der 1982 als 12-Jähriger bereits als Taubs Schüler dabei war, ist die Verbindung mit Barenboims Jugend-Projekt um so naheliegender, als er sich selbst darin engagiert.

Beim Sonderkonzert in Rolandseck konnte man jetzt die Ergebnisse der musikalischen Intensivarbeit hören. Ein Streichquartett-Ensemble mit Michael Barenboim, Bardia Kiaras Shirazi, Orhan Celebi und Noah Chorin stellte einen frühen, extrem sinnlichen spätromantischen Quartettsatz Anton Weberns den Sechs Bagatellen op. 9 desselben Komponisten gegenüber, die sozusagen radikalste musikalische Askese darstellen.

Zu beiden der extrem gegensätzlichen Opera fanden die jungen Musiker einen verblüffend sicheren Zugang.

In Mozarts Quintett Es-Dur KV 452 für Oboe, Klarinette, Horn, Fagott und Klavier gefiel vor allem das biegsame und ausdrucksvolle und klangsensible Spiel der Oboistin Tamar Inbar, deren Partner Kinan Azmeh, Tunca Dogu, Daniel Mazaki und Bishara Harouni mit einem sehr homogenen Ensemblespiel überzeugten.

Zum Finale mit Felix Mendelssohns Oktett für Streicher setzte sich Guy Braunstein selbst ans erste Pult und auch der etablierte Bratscher Ori Kam gesellte sich dazu.

Gemeinsam mit Sharon Cohen, Tyme Khleifi, Rawan al-Kurdi, Laya Etemadi Tabrizi, Kyril Zlotnikov und Nassib al Ahmadieh spielten sie das großartige Werk mit großer Leidenschaft und mitreißendem sinfonischen Schwung. Das Publikum jubelte.

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