Daniel Richters Werke kommen nach Bonn Wie ein Hauch von Wahnsinn und Bedrohung

Bonn · Gestern noch Verluste, heute neue Gemälde. Das Kunstmuseum Bonn bekommt drei Bilder des Malers Daniel Richter aus der Stuttgarter Stiftung Scharpff

 Bilderübergabe: (von links) Rudolf Schapff, Daniel Richter, Carolin Striebich und Stephan Berg vor Richters "Captain Jack".

Bilderübergabe: (von links) Rudolf Schapff, Daniel Richter, Carolin Striebich und Stephan Berg vor Richters "Captain Jack".

Foto: Franz Fischer

Gestern war in diesem Blatt noch von Verlusten des Kunstmuseums zu lesen - zwei Zeichnungen von August Macke, deren Dauerleihvertrag gekündigt wurde und die in Köln unter den Hammer kommen -, und ebenfalls gestern konnte Intendant Stephan Berg die frohe Botschaft eines Zuwachses im Kunstmuseum verkünden. Spannender Museumsalltag. Gründe zur Freude sind drei großformatige Gemälde von Daniel Richter, die das Museum in Gestalt einer "dauerhaften Übergabe" von der Rudolf und Uta Scharpff Stiftung bekommen hat. Es sei keine Schenkung, erklärte Berg, aber nahe dran.

Der 1962 geborene Richter zählt zu den meistbeachteten Stars seiner Generation in Deutschland. Gerade hat er in der Frankfurter Schirn eine Werkschau unter dem Titel "Hello, I Love You", die von der Kritik sehr gelobt wird. Die Schirn zitiert ihn mit dem kompromisslosen Satz: "Ich glaube nicht an Technik. Für mich ist das Malen eine Form des Denkens, und die Dinge, die man für diese Form des Denkens benötigt, macht man sich gefügig." In Bonn, wo nun drei Werke zu sehen sind, die vor den Frankfurtern entstanden sind, sagte Richter: "Sie sind sehr gut." Er stehe seiner Kunst eher kritisch gegenüber, der Richter-Raum im Kunstmuseum aber überzeuge ihn.

Seit 2009 arbeitet das Kunstmuseum mit dem Sammlerpaar Scharpff zusammen, dessen Tochter Carolin Striebich in Bonn lebt. Striebich ist auch im Vorstand des Vereins der Freunde des Kunstmuseums aktiv und leitet die rund 120 hochkarätige Künstler (neben Richter Albert Oehlen, Neo Rauch, Bridget Riley, Christopher Wool und Rebecca Warren) umfassende Sammlung. Nach dem Prinzip des "offenen Depots" können sich vier Museen, Kunsthalle Hamburg, Kunstmuseum Bonn sowie Staatsgalerie und Kunstmuseum Stuttgart daraus bedienen. Bonn erhält nun die Werke "Fool on the Hill" (1999), "Kein Gespenst geht um" (2002) und "Captain Jack" (2006) fest für seinen Bestand. Sie können aber, so Striebich, mit den anderen drei Häusern getauscht werden. Für Berg, der die drei Bilder bereits im Rahmen von "Sammlung Reloaded" gezeigt hatte, zählen sie zu den "Gelenkstücken der Sammlung". In der Tat manifestiert sich hier der Übergang der figurativen Kunst zur Abstraktion. Da das Museum, das sich als "Haus für Bildreflexion und Malerei" (Berg) sieht, im Bereich figurative Malerei eher dünn besetzt ist, kommt dem Zuwachs aus der Scharpff-Stiftung eine besondere Rolle zu. Berg erkennt in Richters neuer Historienmalerei eine "fiebrige Dringlichkeit".

Es ist eine unglaubliche Intensität, die diese wie auf einer Bühne spielenden Bilder ausstrahlen. Man fühlt sich unmittelbar durch Neonfarben und verstörende Motive (Geister, bedrohliche Menschengruppen) bedrängt. Richters Bilder sind raffiniert konstruiert, der Bildraum erscheint akkurat und systematisch gestaffelt. Und doch steckt in diesen Werken ein Hauch von Wahnsinn und Bedrohung, die einen nicht loslassen.

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