Lost and Found Orchestra Wie klingt eigentlich ein Hosaphon?

KÖLN · In Luke Cresswells Kopf schwirren eine ganze Menge musikalischer Ideen und Träume herum. Viele sind Realität geworden, manches bleibt wohl für immer ein unerfüllter Wunsch.

 Menschliches Marimbaphon: Musikerin Simone Clark in ihrem Element.

Menschliches Marimbaphon: Musikerin Simone Clark in ihrem Element.

Foto: Steve McNicholas

Zum Beispiel der: "Ich könnte mir sehr gut einen Abend mit dem Lost and Found Orchestra und Tom Waits vorstellen", sagt Cresswell, als wir ihn in Paris treffen. Irgendwie überrascht dieses kleine Geständnis gar nicht einmal so sehr nach der am Abend zuvor erlebten Show. Da war der Brite als Dirigent des Lost and Found Orchestra über die Bühne des "Casino de Paris" gewirbelt, hatte Musiker an Flaschenblasebälgen, an Bettenbässen, Squonkaphones und vielen anderen Instrumenten dirigiert.

Ein herrlicher Lärm, manche Klangvariationen sind tatsächlich von der Art, dass sie durchaus Aufnahme in Waits' verrücktem Kosmos finden könnten. Im August kann man die 2006 uraufgeführte Show erstmals beim Sommerfestival in der Kölner Philharmonie erleben.

Das Fundsachen-Orchester, wie man den Namen des Musikerkollektivs aus Brighton übersetzen könnte, beginnt dort, wo Stomp aufhört. Vor mehr als zwei Jahrzehnten entdeckte Cresswell zusammen mit Steve McNicholas die rhythmische Poesie von Besen, Plastiktonnen und Blecheimern.

Jetzt haben sie den stampfenden Alltagsgegenständen auch Melodien und Harmonie beigebracht. Das erforderte freilich eine sehr viel ausgefeiltere Tüftelei in der Werkstatt im heimischen Brighton. Dort experimentierte man so lange, bis genügend Instrumente beisammen waren, um ein komplettes Orchester aufstellen zu können, mit Äquivalenten zu Streichern, Holz- und Blechbläsern und - natürlich - reichlich Schlagwerk.

Das Instrument mit dem komplizierten Namen Squonkaphone ist zum Beispiel ein schlichtes Plastikrohr, das mit einem Luftballon am Ende versehen wurde und dessen Schnarren entfernt an ein Fagott erinnert. Man muss kein Virtuose sein, um es zu spielen. Es kann eh nur einen einzelnen Ton.

Auch das Hosaphon, das im Orchester die Rolle des Horns übernimmt und in Wahrheit ein Gartenschlauch mit aufgesetztem Verkehrshütchen ist, bietet denselben beschränkten Tonvorrat auf. Aus diesem Grunde gibt es diese Instrumente wie auch die Flaschenblasebälge gleich in vielfacher Ausführung und (fast) ebenso vielen Musikern, die sie bedienen. Ein bisschen so wie in der alten Hollywood-Komödie "Die 5000 Finger des Dr. T.", findet Cresswell. Darin spielt ein Riesenklavier, das von 500 Klavierschülern traktiert werden muss, eine gewisse Rolle.

Der Aufwand ist natürlich nicht sehr ökonomisch. Das weiß auch Cresswell: "Ich kann zu Hause am Computer alle vorstellbaren Klänge erzeugen. Aber ich finde es einfach großartig, wenn viele Menschen daran beteiligt sind. Das ist dann wie bei einem Fußballspiel."

Die Energie, die auf der Bühne freigesetzt wird, ist tatsächlich vergleichbar mit der auf dem Sportplatz. Das Konzert des Lost and Found Orchestra ist von Anfang bis Ende durchchoreografiert und fordert hohen physischen Einsatz. Die Show bietet fürs Auge nicht weniger als für das Ohr. Simone Clarke, ausgebildete Klavierlehrerin und begeisterte Lost-and-Found-Musikerin, spielt unter anderem die spezielle Version des Marimbaphons. "Das macht mir am meisten Spaß", sagt sie. In der Marimba-Szene der Show drischt sie mit aller Kraft auf die große Holzklangstäbe ein, die von jeweils einem ihrer Mitmusiker gehalten werden. "Da stehe ich ein bisschen im Mittelpunkt..."

Info

Täglich vom 13. bis 17. August. Karten in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen.

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