Kölner Philharmonie Wiener Philharmoniker mit in Köln

Die Wiener Philharmoniker unter Leitung von Antonio Pappano präsentierten in der Kölner Philharmonie das riesig besetzte Orchesterwerk "Teufel Amor".

 Der Dirigent Antonio Pappano bei der Probe mit den Wiener Philharmonikern in der Kölner Philharmonie.

Der Dirigent Antonio Pappano bei der Probe mit den Wiener Philharmonikern in der Kölner Philharmonie.

Foto: Thomas Brill

Die berühmteste Vertonung eines Gedichtes von Friedrich Schiller ist zweifellos der Finalsatz von Ludwig van Beethovens neunter Sinfonie, worin er die "Ode an die Freude" des Dichters unsterblich gemacht hat. Anders als Beethoven hat der heute 38-jährige Komponist Jörg Widmann bei seiner musikalischen Schiller-Exegese nicht das große Ganze im Blick, nicht die Vision einer durch das Band der Freude und Freundschaft gehaltenen Menschheit. Sein gut halbstündiges, riesig besetztes Orchesterwerk "Teufel Amor", das die Wiener Philharmoniker unter Leitung von Antonio Pappano am 12. April in Wien uraufführten und jetzt in der Kölner Philharmonie präsentierten, erzählt von den Abgründen der Liebe.

Widmann Werk ist freilich auch keine Vertonung im eigentlichen Sinne. Kann es auch gar nicht sein. Denn das Gedicht gilt als verschollen. Lediglich der Doppelvers "Süßer Amor, verweile / Im melodischen Flug" hat die Zeitläufte überlebt. Die wenigen Worte bilden gleichsam die Keimzelle des "Sinfonischen Hymnos", wie Widmann sein Werk im Untertitel pathetisch nennt.

Vor der Aufführung wandte sich der italienischstämmige Brite Pappano ans Publikum, zitierte die Verse und erläuterte den Zuhörern ebenso leidenschaftlich wie sympathisch die Grundzüge der Musik. Dann hob er den Taktstock: Posaunen, Tuba, Kontrabassklarinette, Kontrabässe modellierten in tiefsten Tönen das Bild der Hölle. Die Musik steigt gleichsam mehr und mehr in die Höhe, in die Regionen der Liebe hinauf. Eine Illusion, wie sich dann zeigen wird, wenn eine immense Schlagwerkbatterie virtuos zum Einsatz kommt.

Der auch als Klarinettist gefragte, ungemein produktive und erfolgreiche Komponist weiß virtuos mit den Orchesterfarben umzugehen, hat Gustav Mahlers Sinfonien ebenso gründlich studiert wie Alban Bergs Orchestermusik. Man entdeckt immer wieder neue Klanginseln, mal in den Streichern, bei den Bläsern, dann wieder einzelne Töne bei der Harfe. Oder ein vom Blech tonlos geblasenes Rhythmusmuster, das an das Anfahren einer alten Dampflok erinnert. "Der vom Liebespfeil Getroffene ist auch immer ein vom Pfeil verwundeter Mensch", sagt Widmann. Das hört man "Teufel Amor" an. Das Publikum schenkte dem anwesenden Widmann wie auch Pappano und den grandiosen Wienern viel Beifall.

Umrahmt wurde die unter anderem im Auftrag von KölnMusik und der Wiener Konzerthausgesellschaft komponierte Musik von Haydn und Brahms. Für das eröffnende Adagio der Sinfonie Nr. 22 von Haydn nahm sich Pappano viel Zeit, verlieh der Musik mit ihren dunkeln Englischhorn-Farben einen grüblerischen Duktus, der ganz wunderbar zu dem überlieferten, wenn auch nicht vom Komponisten stammenden Werktitel "Der Philosoph" passte. Die beiden Presto-Sätze wurden hingegen mit schönster Leichtigkeit gespielt, das Menuett mit viel Charme.

Die Brahms-Sinfonie schien zunächst noch ein wenig unter dem Eindruck der massiven Widmann-Klänge zu stehen. Der erste Satz wirkte klanglich ein bisschen zu dick aufgetragen, und im Detail war nicht alles perfekt. Der langsame Satz aber besaß Seele, das scherzoartige Allegro giocoso rhythmischen Biss, und die Passacaglia zum Schluss wirkte ungemein muskulös. Ein bisschen Eleganz hätte der Musik gutgetan.

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