Premiere am Samstag Williams' "Sommer und Rauch" in den Kammerspielen

Bonn · Die Charaktere könnten gegensätzlicher kaum sein: Auf der einen Seite John, der vergnügungssüchtige Arztsohn, auf der anderen Alma, die schüchterne, emotional labile Pfarrerstochter. Zwei, die nicht zueinander finden können, weil sie einfach zu unterschiedlich lieben.

 "Sommer und Rauch": Nina Tomczak (links) und Tanja von Oertzen.

"Sommer und Rauch": Nina Tomczak (links) und Tanja von Oertzen.

Foto: Thilo Beu

Diese beiden Figuren stehen im Mittelpunkt von Tennessee Williams' in Deutschland zu Unrecht eher unbekanntem Stück "Sommer und Rauch", das das Theater Bonn nun mit einer neuen Übersetzung in den Kammerspielen Bad Godesberg inszeniert.

"Es sind die Einzigartigkeit, Kraft und Energie, die Alma an John bewundert", sagt Nina Tomczak, die die zurückhaltende Außenseiterin in der Bonner Produktion verkörpert. "Eigenschaften, die sie selbst nicht besitzt." Aber sicher gerne hätte: Als Tochter eines engstirnigen Geistlichen und einer unzurechnungsfähigen, oft bösartigen Mutter ist Almas familiäre Situation alles andere als leicht.

In John (gespielt von Arne Lenk) sieht sie ihren Gegenpart - doch der füllt seine eigene Einsamkeit mit Sinnlichkeit aus, gibt den Playboy, immer auf der Jagd nach verführungswilligen Frauen. Ein Lebemann, der zugleich von seiner Jugendfreundin Alma und ihrem Widerstand gegen seine körperlichen Avancen fasziniert ist.

Er spürt eine verwandte Seele. Beziehungsweise eine antipodische. Eine, die ihn ergänzen könnte und die durch seine ergänzt würde. Wenn beide es nur zuließen. Doch sie sucht Liebe, er Lust. Und obwohl sich die beiden im Verlauf des Stücks teilweise sehr nahe kommen, bleibt diese

Differenz bestehen. Wenn auch unter anderen Vorzeichen. "Wir waren einander so nahe, dass wir beinahe miteinander geatmet haben", zitiert Nina Tomczak Alma. Aber nur beinahe. "Darin liegt eigentlich der tragische Moment", meint die 38-Jährige. Vieles bleibt in der Bonner Inszenierung von David Mouchtar-Samorai ungesagt; unter anderem fällt ein erklärender Prolog weg. "Wir wollen das Publikum ganz bewusst zu investigativem Denken anregen", erklärt Dramaturg Ingo Piess. Auch die Frage, was zwischen erstem und zweitem Akt wirklich geschah, bleibt unbeantwortet.

"Wenn das Publikum darüber nachgrübelt, sich auch noch nach der Vorstellung mit dem Stück auseinandersetzt, dann haben wir schon viel erreicht", meint Piess. Das Potenzial dafür ist vorhanden - denn gegen Ende steht die Welt Kopf. Statt des warmen Südwest-Sommers der Leidenschaft herrscht Winter, und während die einst spirituelle Alma sexuell erwacht ist, kommt John zur Ruhe, wird ernst und übernimmt die Praxis seines Vaters. Nun ist er es, der die Beziehung zu Alma auf rein platonischer Ebene fortführen möchte. Doch zu viel hat sich geändert, zu viel ging verloren.

Hat auch jemand gewonnen? Das ist Ansichtssache. "Ich finde schon, dass Alma gestärkt aus diesem Konflikt hervorgeht", glaubt Nina Tomczak. "Sie bewältigt die Situation und kann sich zugleich von ihrer Familie emanzipieren." Ein Ansatz, den auch Ingo Piess so sieht. Doch allzu positiv will er diesen Wandel nicht bewerten. "Wenn man sein Herz verrät, gibt es keine Gewinner", sagt er. "Alles, was jetzt noch kommt, ist für die beiden lediglich Ersatz für das Unerreichbare."

Termine: 26. Januar (Premiere), 5. und 23. Februar, Karten in den Bonnticketshops in den GA-Zweigstellen.

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