Kölner A-cappella-Formation Wise Guys: "Wir hatten eine gute Zeit"

Bonn/Köln · Aus der Jubiläumstour werden Abschiedskonzerte: Die Kölner A-cappella-Formation Wise Guys hört 2017 nach 25 Jahren auf.

 Wise Guys: (v.l.) Marc „Sari“ Sahr, Nils Olfert, Andrea Figallo, Eddi Hüneke, Daniel „Dän“ Dickopf.

Wise Guys: (v.l.) Marc „Sari“ Sahr, Nils Olfert, Andrea Figallo, Eddi Hüneke, Daniel „Dän“ Dickopf.

Foto: Wise Guys

Wir hatten eine gute Zeit. Mit dieser Liedzeile ließ die Kölner A-cappella-Gruppe Wise Guys gestern die Bombe platzen. Die Fans im Forum reagierten geschockt, betroffen, verständnisvoll. Ein Abschied auf Raten hat begonnen: Im April geht Bass Andrea Figallo – erst vor drei Jahren als Ersatz für Ferenc Husta verpflichtet – wieder von Bord, im Sommer 2017 ist dann für alle Schluss. Sie wollen mal was anderes machen als die Wise Guys, doch für viele Fans ist genau das unvorstellbar: Dass sie mal was anderes machen als die Wise Guys.

Es ist dieses Gefühl, mit ihnen „aufgewachsen zu sein“, das aus vielen Einträgen im Gästebuch spricht. Bei mir war es eine schulbedingte Affinität zu A-cappella-Musik und die damalige Freundin von „Dän“ als Sitznachbarin im Politik-Einführungskursus an der Uni Bonn, die mich Ende der 90er zum ersten Wise-Guys-Konzert ins Pantheon geführt haben. Wir teilen dieselbe Lieblingsinsel, weshalb man sich später nicht nur in der Bonner Beethovenhalle, sondern auch in der Borkumer Kulturinsel bei Konzerten wiedersah.

So wie heute meine Patenkinder auf der Rückbank im Auto laut „Kinder find ich nicht so toll“ mitsingen und mit in Konzerte gehen, ist auch das übrige Publikum komplett gemischt und irgendwie mitgewachsen. Oma und Enkel, Frauen in Strickpullovern mit Katzenmotiven und lässige Teenager finden „Sommer ist was in deinem Kopf passiert“ und „Sing mal wieder“ gleich gut.

Dass ein bisschen die Luft raus ist, kann man der letzten CD „Läuft bei euch“ anhören. Läuft eben nicht so. Die Lieder klingen trotz flockiger Arrangements nach Midlife-Crisis: Gaffer auf der Autobahn, ein jugendliches Mobbing-Opfer und die Arbeitsbelastung im Pflegeberuf. Alles schwere Kost.

Ein Ohrwurm wie „Radio“, „Nur für dich“ oder „Es ist nicht immer leicht“ will sich nicht so recht einstellen. Wobei: Der kommt oft erst, wenn man die Songs das erste Mal live gehört hat, ob nun beim intimen Kirchenkonzert oder in der Essener Gruga-Halle mit Tausenden anderer. Dann sind die Wise Guys unschlagbar, präsent und hochprofessionell. Die musikalische Entwicklung vom Frühwerk bis heute ist riesig.

Nach den letzten zwei Besetzungswechseln gehörten „vier Songwriter und Sari“, wie auf der Bühne gerne gelästert wird, zur Band. Viel Luft nach oben ist musikalisch nicht mehr. Andere Superlative wie 12.500 Zuschauer im Kölner Tanzbrunnen oder 40.000 beim Kirchentag in München sind längst geknackt.

15 CDs, mehr als 250 selbst geschriebene Songs, weit mehr als eine Million Konzertbesucher: Trotzdem bleiben die Wise Guys die Jungs von nebenan, die in Blogs und Newslettern auch Persönliches berichten, Noten zum Nachsingen drucken und auch nach sechsstündigen Totalnacht-Konzerten Autogramme schreiben.

1985 als Schülerband in Köln-Sülz gegründet, probten die Wise Guys zuletzt in Hürth. Mit Bonn verbindet sie die Kirchenmusik der Kreuzkirche und das Pantheon, die erste Bühne ihrer Profilaufbahn. Der angekündigte Ausstieg von Gründungsmitglied Eddi Hüneke gab letztlich den Anstoß, nach 25 Jahren seit dem ersten Auftritt als Profi-Ensemble gemeinsam die Karriere zu beenden. Die Jubiläumstour wird zur Abschiedtour. Wir hatten eine gute Zeit.

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