GA-Interview Wolf Maahn spielt in der Endenicher Harmonie

BONN · Dreißig Jahre Deutsch-rockend auf der Bühne und noch lange nicht müde: Wolf Maahn macht am Freitag ab 20 Uhr die Endenicher Harmonie unsicher: ganz allein mit seiner souligen Stimme und seiner spiegelverkehrt gespielten Gitarre. Mit dem politisch engagierten Sänger sprach Ebba Hagenberg-Miliu.

 Mitmachen erwünscht: Wolf Maahn singt bei seinen Solo-Konzerten am liebsten zusammen mit dem Publikum.

Mitmachen erwünscht: Wolf Maahn singt bei seinen Solo-Konzerten am liebsten zusammen mit dem Publikum.

Foto: Winter

Ich spreche mit einer Deutschrocklegende. Wie fühlt sich Ihr 30-jähriges Bühnenjubiläum denn so an?
Wolf Maahn: 30 Jahre! Das ist schon eine Ehre, so lange im Rock'n Roll-Zirkus mitzumischen. Wichtig war für mich immer dazuzulernen, besser zu werden, intensiver zu werden.

Mit Wolf Maahn und der Musik fing es aber schon viel früher an. Sie hatten 1966 mit elf Jahren Ihre erste Band...
Maahn: Ja. Mein Bruder und ich hatten die Beatles live gesehen und dann sofort eine Band gegründet. Songschreiben war da schon zwei Jahre unser Hobby, und wir wollten jetzt wissen, ob die jemand gut findet. Wir hatten so spielzeugmäßige Plastikgitarren mit richtigem Tonabnehmer und spielten durch alte Röhrenradios.

Später waren Sie sogar mit Bob Marley auf Tournee. Wie war er, der Meister des Reggae?
Maahn: Er und die "Wailers" waren der mächtige Groove pur! Sie fingen an zu spielen und hatten das Stadion in zwei Sekunden eingenommen. 40.000 waren verzaubert. Vom ersten Ton an.

Und dann kamen bei Ihnen die "Deserteure"...
Maahn: 1982 war meine Zeit gekommen, in Deutsch zu schreiben. Einer der ersten Songs hieß "Deserteure". So nannte ich dann auch meine Band und mein erstes Album. Ich wollte besser verstanden werden in meiner Wut gegen die allgemeine Verblödung und das komplett absurde Wettrüsten. Für mich bis heute ein Anzeichen für die sexuelle Verklemmtheit von Machteliten. "Besser im Schoß von meinem süßen Schatz als ein Narr an der Front" hieß es. Das war die Waffe des Rock: diese Leute uncool aussehen zu lassen. Mehr und mehr versuchten die daraufhin verzweifelt, selber cool rüberzukommen. Einer war dann allerdings megacool. Es ist ja inzwischen durchgesickert: Gorbatschow hat den Kalten Krieg vor allem beendet, weil er Beatles-Fan war, also sagte er: "Give Peace A Chance"!

Sie haben 1986 vor 120 000 Leuten auf einem Anti-Wackersdorf-Konzert gesungen.
Maahn: Das "deutsche Woodstock" sagt man ja. Und es stimmt. Vielleicht sogar noch besser als Woodstock. Der Spirit war beeindruckend. Alle kamen zusammen für ein Ziel. Die größte Dosis Solidarität, die ich je erlebt habe. Das ZDF machte Sondersendungen, und die Wiederaufarbeitungsanlage wurde nicht gebaut. Diese Erfahrung, was man zusammen gegen die großen Räder des Systems erreichen kann, ist für mich bis zum heutigen Tag sehr ermutigend.

Ihre Lieder haben Sie oft mit gesellschaftspolitischen Texten versehen. Warum ist Ihnen das wichtig?
Maahn: Es gibt Künstler, die müssen zwischendurch Dampf ablassen. Die Gefahr zu verblöden, ist ja allgegenwärtig. Und Lovesongs kommen danach besonders gut!

Sie singen in Bonn auch Ihren Song "Kathedralen von Zahlen". Keine Freude für die Finanzhaie!
Maahn: Ich habe mich einmal mit einem im Flugzeug unterhalten. Ein echt langweiliger Typ. Diese Spezies hat zwölf Billionen Dollar in Steueroasen vergraben. Eine unvorstellbare Summe. Das fehlt an allen Ecken und Enden. Und die Staatsschulden explodieren, wovon sie wiederum durch Zinsen profitieren. Sie führen Staatschefs wie Nasenbären am Ring durch die Manege inklusive des US-Präsidenten mit seinen Haushaltsproblemen. Aber, wie ich hörte, langweilen sie sich ziemlich, dort auf den Cayman-Inseln. Das passiert halt schnell, wenn man selber langweilig ist (lacht).

Aber eigentlich brauchen Sie im Konzert nur singen lassen: Ihr Publikum...
Maahn: Das Publikum ist mein Backing Chor! Vor allem, wenn ich solo spiele. Dann hören wir uns gegenseitig noch besser und erleben magische Momente.

Nochmal nachgefragt: Schwimmen Sie mit Ihrem politischen Engagement in der heutigen Musikbranche nicht gegen den Strom?
Maahn: Von mir aus. Dann fallen halt einige TV-Sendungen weg. Bei den großen Sendern gibt es inzwischen sowieso fast einen allgemeinen Rock'n-Roll-Bann. Dafür liefern sie uns abwechselnd Volksmusik und Schlager. Rockmusiker hören höchstens noch mal eine Coverversion von sich bei "DSDS", also "Deutschland sucht den Superstar" (lacht). Meine letzte größere TV Sendung habe ich selber produziert. Das war das "Direkt ins Blut 2"-Konzert. Es lief samstags abends im WDR Fernsehen und holte eine echt gute Quote.

Sie sagen, Sie spielen total durchgeknallt Gitarre. Wie das?
Maahn: Ich bin Linkshänder, habe aber die Saiten wie ein Rechtshänder, spiele also alle Akkorde spiegelverkehrt. Ich bin zu 100 Prozent Autodidakt!

Sie nennen Ihre Songs "Power Cookies". Welcher Cookie ist Ihnen der liebste?
Maahn: Jeder, der gerade zündet. Es ist der Moment, um den es geht, und der niemals aufhören soll!

Karten für das Konzert am Freitag, 25. Oktober, ab 20 Uhr in der Harmonie, Frongasse 28, gibt es für 23,85 Euro (einschließlich Vorverkaufsgebühr) in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen.

Zur Person

Der Deutschrocksänger, Songschreiber und Produzent Wolf Maahn feierte in den 1980er Jahren mit "Fieber" und "Rosen im Asphalt" sowie in den 1990er Jahren mit "Direkt ins Blut (Un)plugged" seine größten Erfolge. In der Harmonie tritt er als "Ein-Maahn-Band" mit seinem neuen Programm "Lieder vom Rand der Galaxis" auf. Markenzeichen des in Köln lebenden 58-jährigen Musikers sind seine Soulstimme und sein direkter Zugang zum Publikum.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort