Wolfgang Lischke bei Opernfreunden

Kapellmeister spricht in Bonn über künstlerischen Werdegang

Bonn. Ein Leben zwischen Punkt und Kreis - so lässt sich die künstlerische Vita des Dirigenten Wolfgang Lischke etwas salopp zusammenfassen. Exaktes, präzises, eben punktgenaues Dirigieren lernte er bei Hermann Michael an der Münchner Musikhochschule.

"Deutsche Schule, sehr gut auch für Neue Musik", kommentiert Lischke den Unterricht. Ein Fortbildungskurs bei der russischen Pultlegende Ilja Musin eröffnete dem jungen Dirigenten dann eine völlig andere Welt: "Der hat nur Kreise gegeben - und das funktionierte auch".

Und "irgendwo dazwischen", zwischen Fixierung des Metrums und einer Gebärdensprache für musikalische Energieströme, habe er sich als Dirigent dann seinen Platz gesucht, erzählte Lischke den zahlreichen Zuhörern im Uni-Club. Dort plauderte der Erste Kapellmeister an der Bonner Oper auf Einladung der Opernfreunde Bonn über seinen künstlerischen Werdegang.

Aufgewachsen ist Lischke im Dörfchen Sinzing bei Regensburg, wo ihn bald die Kirchenorgel in ihren Bann zog. Ein "unglaublich guter" Orgellehrer lehrte mich das Wichtigste - die Liebe zur Musik". Zur Orgel kam die Posaune, mit der der junge Lischke die dörfliche Blaskapelle verstärkte.

Schon im Studium der Schulmusik schälte sich Lischkes Talent am Pult heraus, eine Fortsetzung im Fach Dirigieren schloss sich nahtlos an. Erste Engagements führten ihn nach Passau, dann nach Hof. "Galeerenjahre", so Lischke, denen er aber sehr viel praktische Erfahrungen verdanke.

Der 37-jährige ist ein Allrounder, der das Operettenfach (in Bonn zuletzt "Im weißen Rössl") ebenso beherrscht wie die Neue Musik. Die Aufmerksamkeit der Avantgardeszene war ihm sicher, als er im letzten Jahr bei den Salzburger Festspielen Karlheinz Stockhausens "Mixture 2003" uraufführte.

"Stolz" ist er darauf, jegliche Allüren sind dem immer zugänglich wirkenden Lischke jedoch fremd. In Bonn arbeitet er in der vierten Saison, rund 40 Vorstellungen dirigiert er pro Spielzeit. Der Alltag ist ausgefüllt mit Orchesterproben, Partiestudium mit Sängern, der Leitung von Übernahmen, Wiederaufnahmen und natürlich von Premieren, den "Sahnehäubchen".

Bereitwillig plauderte Lischke über Zeitdruck und Personalmangel, über Regisseure, die keine Ahnung von Musik haben ("ich nenne keine Namen"), über positive Gegenbeispiele (Hilsdorf und Purcarete), über Machtverteilung zwischen Regisseur und Dirigent ("ich hätte manchmal gerne mehr Einfluss") und über das gegenwärtige "Zeitalter der Bühnenbildner".

Die Freude am Beruf hat sich Wolfgang Lischke bewahrt. "Man gibt den Auftakt - und die spielen tatsächlich", kann er immer noch über das Wunder staunen, ein Orchester zum Spiel zu motivieren.

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