Zarah-Leander-Programm in der Reihe "Quatsch keine Oper"

Nur nicht aus Liebe weinen - Tim Fischer begeistert Publikum in Bonner Oper

Zarah-Leander-Programm in der Reihe "Quatsch keine Oper"
Foto: Horst Müller

Nebelschwaden, die mysteriös unter dem Flügel hervorkriechen, suchte man ebenso vergebens wie den Pomp und Glitzer am Dekolleté der Sängerin. Ja, selbst die Sängerin war nicht zu sehen, obwohl "Zarah ohne Kleid" angekündigt war. Doch die Diva sang tatsächlich, und sie stand gerne im Rampenlicht.

Bei jedem rollenden "R" schien sie zu frohlocken, und es schien, als lasse sie sich die vielgesungenen Texte der frechen Couplets und melancholischen Chansons auf der Zunge zergehen. Tim Fischer schenkte ihr seine Stimme, und Zarahs tiefe Altlage mischte sich vorzüglich mit seinem klaren Bariton. Auch ohne Diven-Optik, ohne Schmuck oder Schnörkel vermochte Fischer die große Dame mit der tiefen Stimme zu verkörpern. "Ohne Kleid" heißt bei ihm eben nicht nackt.

Fischers dunkler Anzug und das weiße Hemd zogen hier jedoch die deutliche Grenze gegenüber der Travestie. Auf deren Requistitenreichtum wurde zugunsten des unspektakulären "Kostüms" verzichtet, und Fischer legte den Fokus auf die Person der 1907 in Schweden geborenen Sängerin. Die spiegelte sich in den bizarren Moderationen zu den "Heringen in der Ostsee" und dem Lied auf den "Nazi-Offizier" genauso wie in den fantastischen Liedvorträgen zu so bekannten Chansons, wie "Nur nicht aus Liebe weinen", "Kann denn Liebe Sünde sein?" oder "Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehen".

Wunderbar frei und einfühlsam begleitet wurde Fischer durch seinen langjährigen Pianisten Rainer Bielfeldt, der sich auch bei so emanzipiert und frech gestalteten Liedern wie dem "Neandertaler" oder dem Couplet "Warum soll eine Frau kein Verhältnis haben?" immer offen und spielfreudig zeigte. Da hatte das Bühnen-Duo, das im Rahmen der Reihe "Quatsch keine Oper" auf der Bonner Opernbühne stand, sein Publikum schon nach wenigen Takten erobert, und der Saal spendete am Ende stehend Ovationen und forderte mehrere Zugaben.

Was Fischer und Bielfeldt hier in einer gekonnten Mischung aus altbekannten und neu entdeckten Zarah-Liedern boten, sowie ein paar Liedern, die der Diva einfach nur passend in den Mund gelegt wurden, knüpft an Fischers Erfolgs-Programm von 1991 an, mit dem dem heute 36-jährigen Künstler der Durchbruch als Chansonnier gelang. Seit 2008 verköpert Fischer nach langjähriger Zarah-Pause abermals die Sängerin, und das Publikum steht Kopf.

Faszinierend, wie er mit einer an Pantomime grenzenden Mimik und Gestik den Ausdrucksreichtum der Leander karikiert, köstlich, wie er mit ihrer überformulierten Sprache auch komische Akzente zu setzen weiß. Die erhielten schließlich mit einer Parodie auf Daliah Lavis "Wär' ich ein Buch" und dem Tim-Fischer-Klassiker "Rinnsteinprinzessin" das Sahnehäubchen aufgesetzt.

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