Stadtklangkünstlerin 2013 Zarte Musik trifft auf Lärm und Hektik

Bonn · Geradezu "rheinsüchtig" sei sie geworden, erzählt Christina Kubisch bei unserem Treffen am Bonner Rheinufer, wo derweil die Ruderer und Frachter vorbeiziehen. Dort, an der Schiffsanlegestelle in Sichtweite des Langen Eugen, präsentiert sie ihre Abschlussarbeit nach einem halben Jahr Aufenthalt als Stadtklangkünstlerin von Bonn.

 Christina Kubisch war ein halbes Jahr lang die Stadtklangkünstlerin von Bonn. Ihre Abschlussarbeit "Rheinklänge" verbindet die beiden Ufer des Rheins.

Christina Kubisch war ein halbes Jahr lang die Stadtklangkünstlerin von Bonn. Ihre Abschlussarbeit "Rheinklänge" verbindet die beiden Ufer des Rheins.

Foto: SCHOENEBECK

"Klangkunst und Landschaft in der Stadt" hieß das Thema in dieser Zeit, und Christina Kubisch hinterlässt nach ihrer Residenz eine beeindruckende Installation, die noch das ganze nächste Jahr gehört und wahrgenommen werden kann. "Rheinklänge" heißt die zweiteilige Arbeit, und sie verbindet das, was der Rhein zu bieten hat. Das ist reichlich, denn der Rhein ist Landschaft und Verkehrsweg, idyllisches Erholungsgebiet, manchmal romantisch, bisweilen zerstörerisch, laut und hektisch. Unterhalb des goldfarben gestrichenen Geländers tönen nun mehrere Klangwelten aus zwei Lautsprechern. Sie übertragen Töne, die zwei Hydrophone unter Wasser aufnehmen und vermischen sie mit komponierten Klängen, die Christina Kubisch vorab aufgenommen hat.

Rechtsrheinisch, direkt unter der Südbrücke, steht das Pendant. Hier hört der Passant, sofern er sich ein wenig Zeit nimmt und am Rad- und Fußweg im Resonanzraum der Brücke innehält, aus drei goldfarbenen Lautsprechern ebenfalls eine Klangkomposition. Sie wird vom Rhythmus der Fahrzeuge bestimmt, die über die Brücke rauschen, und vermischt sich mit zarten, musikalischen Klängen. Kurz hört man eine Streicher-sequenz, aber zu viel Romantik ist Christina Kubischs Sache nicht. Die Wahrnehmung des Ortes will die Künstlerin schärfen und dazu gehören Lärm und Hektik ebenso wie die Schönheit des Flusses während der Tages- und Jahreszeiten.

Zurückhaltung sei ebenfalls wichtig gewesen, denn sie habe "keine Beschallung" installieren, sondern die Möglichkeit geben wollen, die unterschiedlichen Aspekte der menschengemachten Landschaft zu entdecken. Den Rhein werde sie extrem vermissen, sagt Christina Kubisch und zieht ein positives Fazit aus ihrer Residenzzeit in Bonn. Schade sei eigentlich nur gewesen, dass sie zu wenig Zeit für ihre Forschungen gehabt habe. "Die Vorgaben, Aufgaben und Termine waren so dicht gedrängt, dass es kaum eine Phase gab, in der ich ohne Zeitdruck arbeiten konnte."

Aber mitnehmen werde sie sehr viel aus ihrer Zeit als Stadtklangkünstlerin. Obwohl sie schon viele Arbeiten im Außenraum gemacht habe, sei es erstaunlich, wie sehr die reale Klanglandschaft die künstliche beeinflusse. "Das Arbeiten im Elfenbeinturm des Studios ist sinnlos, wenn man die Ergebnisse nicht sofort vor Ort testet. Es ist windig am Rhein, es gibt Geräusche, die ich vorher noch nie wahrgenommen hatte, weil wir jetzt in einer anderen Jahreszeit sind. Die klangliche Natur des Rheins ist die einer ständigen Ver-wandlung."

Information

Die zweiteilige Klanginstallation "Rheinklänge" ist linksrheinisch neben der Landestation Bundeshaus auf der Höhe Langer Eugen und rechtsrheinisch in Ramersdorf unter der Konrad-Adenauer-Brücke zu hören. Betriebszeiten bis 31. Dezember 2014 täglich von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang.

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