Junge Kritikerwerkstatt im General-Anzeiger Zauber der Glöckchenarie: Lakmé in der Bonner Oper

In der Serie "Junge Kritikerwerkstatt" möchten wir junge Menschen einladen, unsere Artikel durch ihre eigenen Eindrücke und Einschätzungen zu ergänzen. Konkretes Beispiel: Ein Redakteur und ein junger Kritiker besuchen gemeinsam eine Opernaufführung. Daraus entstehen zwei Texte. Nach diesem Muster sollen Texte aus allen Bereichen der Kultur entstehen.

 Aleksandra Kubas als Lakmé in der Bonner Inszenierung von Leo Delibes Oper.

Aleksandra Kubas als Lakmé in der Bonner Inszenierung von Leo Delibes Oper.

Foto: Szokody

Für diese Folge haben GA-Redakteur Bernhard Hartmann und Jan Wienowiecki eine Repertoire-Vorstellung von Leo Delibes "Lakmé" im Opernhaus Bonn besucht.

Am Publikum kann es eigentlich nicht liegen, dass Leo Delibes Oper "Lakmé" in Deutschland so selten auf den Spielplänen steht. In Bonn gibt es seit der Premiere im Februar jedenfalls einen regelrechten Ansturm auf die Karten. Das hat sicher nicht nur mit der folkloristischen Inszenierung des Franzosen Paul-Emile Fourny zu tun, sondern ganz wesentlich auch mit der Musik.

Und die wird hier regelrecht zelebriert, selbst in den Repertoirevorstellungen mit der sogenannten "Zweitbesetzung", wie es im Jargon heißt. Im Fall der Titelpartie hatte Miriam Clark in der Premiere höchste Maßstäbe gesetzt. Die junge polnische Sopranistin Aleksandra Kubas, die derzeit im Opernhaus von Breslau beschäftigt ist, weiß sich da jedoch souverän zu behaupten.

Wer eine Karte für eine Vorstellung mit dieser "Zweitbesetzung" hat, muss sich nicht grämen, denn sie ist allererste Klasse. Kubas singt ihre Partie mit viel Herzblut, ihr Sopran klingt rein, nuanciert und sehr facettenreich. Ihre Stimme verwandelt die Gefühle der Liebe und der Trauer in wunderbare lyrische Klänge.

Und eine Virtuosin ist sie auch: Die Koloraturen der Glöckchenarie ließen jedenfalls keine Wünsche offen. Bernhard Hartmann

Die nächsten Aufführungen: 29. April, 5. und 25. Mai. Karten: in den Bonnticket-Shops der Zweigstellen des General-Anzeigers oder bei bonnticket.de. Wer Interesse hat, an unserer Serie teilzunehmen, melde sich bitte per E-Mail unter junge-kritikerwerkstatt@gabonn.de oder telefonisch unter (0228) 66 88 444.

Zur Zeit machen viele "moderne" Operninszenierungen die Bühnen unsicher. Anstelle einer prächtigen Kulisse ist nur kaltes Metall zu sehen, und die Sänger tragen keine traumhaften Kostüme, sondern sind halbnackt. "Lakmé" hingegen bietet wahren Operngenuss. Leo Delibes tragische Oper ist in Frankreich zwar bekannt und beliebt, auf deutschen Bühnen jedoch eher selten zu sehen (zuletzt in Trier als moderne Gewaltorgie). Paul-Emile Fourny, Intendant der Opéra-Théâtre de Metz-Métropole, ist nun endlich eine hervorragende und klassische Inszenierung gelungen, die indisches Flair nach Bonn bringt.

Die Geschichte ist einfach gestrickt, wie es sich für eine Oper gehört: Lakmé lebt zurückgezogen mit ihrem Vater, dem Brahmanen Nilakantha, im heiligen Hain, zu dem niemand Zutritt hat. Doch dabei soll es nicht bleiben, denn bald verirrt sich der englische Offizier Gerald dorthin, entdeckt Lakmé, und die beiden verlieben sich augenblicklich ineinander.

Doch diese Liebe soll nicht sein, denn Nilakantha bemerkt den Frevler und schwört Rache. Auf dem Markt wird Gerald von Nilakantha schwer verletzt und zieht sich mit Lakmé in ein Versteck zurück, wo Lakmé, als sie merkt, wie ausweglos die Situation ist, den Freitod wählt.

Die Kulisse von Benoît Dugardyn besteht aus mehreren beweglichen, mit kunstvollen Ornamenten verzierten Stellwänden, die mit wenigen Mitteln die zauberhafte Atmosphäre verstärken. Die Kostüme von Giovanna Fiorentini haben besonders großes Lob verdient. Das Weiß der englischen Besatzer steht im Gegensatz zu den bunten indischen Saris, welche so prachtvoll sind, dass sich alleine ihretwegen ein Besuch lohnt.

Aleksandra Kubas als Lakmé verzaubert spätestens mit der Glöckchenarie das Publikum, und Alexandru Badea (Gerald) hält sich gekonnt zurück, um Lakmé nicht zu übertönen. Ramaz Chikviladze brilliert als Nilakantha, besonders bei seinem Einsatz in der Glöckchenarie, als er Lakmé zum Singen zwingt. Auch Susanne Blattert als Lakmés Dienerin Mallika überzeugt im durch das Fernsehen bekannten Blumenduett, welches unter anderem in der Werbung für British Airways und im Film "Lara Croft: Tomb Raider" Verwendung fand.

Vielleicht wirkt sich bei "Lakmé" ja doch die Kooperation mit Metz aus, denn bis dato waren klassische und seltene Opernperlen in Bonn eine Seltenheit. Man kann nur hoffen, dass es so weitergeht, denn nur, um eine wahrhaft gute Oper zu erleben, ist die Fahrt nach Metz doch einiges zu weit. Jan Wienowiecki

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