Zauberhafte Klänge aus dem Reich der Elfen

Dirigent Paul McCreesh beendet die Reihe "Klassik um 11" des Beethoven Orchesters mit einem fulminanten Konzert - Der Chur Cölnische Chor singt in Muffendorf, der Bonner Kammerchor hat Gäste aus Ungarn und Felix Olschofka im Duo mit Florian Wiek

Bonn. Es wäre ein wirklicher Sommernachtstraum gewesen, wenn das Konzert der Matinee-Reihe "Klassik um 11" mit dem Beethoven Orchester zu späterer Stunde gegeben worden wäre: So brillant und mitreißend spielten die Bonner Mendelssohns Klänge aus dem Elfenreich.

Allerdings tat es dem Zauber auch keinen Abbruch, die Ouvertüre zur Mittagsstunde zu hören. Die fünf Bläsertakte des Anfangs entführten gleich mitten hinein in die märchenhafte Sphäre der Musik, die sich der damals erst 17-jährige Komponist zu Shakespeares Drama "A Midsummer-Night's Dream" hat einfallen lassen; ein Geniestreich, der immer noch staunen macht.

Der Brite Paul McCreesh, der in dieser Saison alle vier "Klassik um 11"-Konzert leitete und jeweils mit Werken von Mendelssohn, Schubert und Haydn bestückte, versteht es, die Musiker zu motivieren: Die Musik funkelt, sie hat Tempo, Spannung und Witz. Gerade in der Vitalität seiner Interpretation spürt man McCreeshs Herkunft aus der Alten-Musik-Szene, deren Impulse für das klassisch-romantische Repertoire kaum zu unterschätzen sind.

In Schuberts fünfter Sinfonie wird das naturgemäß nicht so deutlich. Der 19-Jährige hatte das Werk für ein Liebhaberorchester komponiert. Entsprechend sparsam fällt die Besetzung des lichten, oft an Mozart erinnernden Werks aus. Paul McCreesh unterstrich diesen Entstehungshintergrund, indem er die Streicher in Minimalbesetzung spielen ließ. Selbst wenn sie hier nicht so auftrumpfen konnten wie zuvor in der Mendelssohn-Ouvertüre, sprach die klassische Ausgewogenheit des (Kammer-)Orchesterklangs für sich.

Farbiger ging es dann wieder bei Haydn zu, aus dessen späten, für das Londoner Konzertpublikum geschriebenen Sinfonien McCreesh die Nr. 99 in Es-Dur ausgewählt hatte. McCreesh, der ohne Taktstock dirigierte, achtete auf jedes Detail der Partitur, gestaltete die langsame Einleitung ebenso spannungsvoll wie er dem Adagio Tiefe verlieh.

Die Hörner versahen das insgesamt äußerst lebhaft dargebotene Finale mit hübschen Pointen. Das Publikum in der fast ausverkauften Beethovenhalle reagierte mit viel Applaus. In der nächsten Saison konzentriert sich die Matinee-Reihe auf Schumann, dessen Todestag sich 2006 zum 150. Mal jährt. Dirigent ist dann Peter Gülke, der eher den Traditionalisten zuzurechnen ist. Bernhard Hartmann

Kleine Beethovenhalle: Einen roten Faden gibt es beim Sommerkonzert des Chur Cölnischen Chors Bonn in der Kleinen Beethovenhalle nicht, wie Leiter Heribert Beissel betonte. Dafür aber eine abwechslungsreiche Mischung. Mit Gesualdo führte der Chor die Zuhörer in die Renaissance, einen Ausflug in die Romantik gab es mit Schuberts "Zögernd leise".

Die Ukrainerin Julia Grinjuk, in der Rolle der Verliebten, überzeugte mit warmer Mezzosopranstimme. Auch bei den Liedern von Richard Strauss "Die Nacht" und "Befreit" phrasierte die Solistin sehr schön.

Der Chor sang auf hohem Niveau und fand sich durch eine kluge Programmdramaturgie gut in Szene gesetzt. So folgt auf Robert Schumanns trauriges "Sommerlied" sogleich sein heiterer Schwank über den rheinischen "Bänkelsänger Willi". Heribert Beissel, der am Klavier begleitete, holte sich für die Liebesliederwalzer von Johannes Brahms tatkräftige Unterstützung durch die Pianistin Guzal Hilbertz-Enikeeva. Sabine Wygas

Beethovenhaus: Piano Betz hatte mit seiner musikalischen Soirée für einen nahezu vollen Saal im Beethoven-Haus gesorgt, waren doch die Interpreten des Abends beide gebürtige Bonner, die ihre erste Ausbildung bei Lehrern der hiesigen Musikschule erhielten: Felix Olschofka (Jahrgang 1974) bei seiner Mutter, Florian Wiek (Jahrgang 1972) bei Rose Marie Zartner (die beide anwesend waren).

Der Geiger und der Pianist kennen sich seit ihrer Schulzeit, wo sie als Mitglieder des Trio Vivo Bonn 1989 Erfolge feierten. Felix Olschofka ist nun, seit 2003, Professor für Violine an der San Diego State University/Kalifornien, Florian Wiek seit 2004 Professor für Klavier-Kammermusik an der Musikhochschule Stuttgart.

Das Bonner Heimspiel zeigte noch immer ein ganz vorzügliches Zusammenspiel. Der hell timbrierte, intensive Geigenton und die differenzierte Klangkultur des Pianisten prägten Beethovens "Frühlingssonate". Robert Schumanns a-Moll-Sonate op. 105 hatte genau das rechte Maß an Pathos (1. Satz), Anmut (Allegretto) und Nachdrücklichkeit (Finalsatz).

Nach der Pause war bei Sergej Prokofjews Violinsonate Nr. 1 f-Moll op. 80 ein anderer Musiziergeist gefragt, der die Extreme von aparten Melodien bis hin zu bruitistischen Ausbrüchen auslotete. Nach anhaltendem Beifall folgte als erste Zugabe Prokofjews Marsch aus der Oper "Die Liebe zu den drei Orangen". Und danach gab`s noch zwei Schmankerln von Fritz Kreisler. Barbara Kaempfert-Weitbrecht

Landesmuseum: Der Bonner Kammerchor, der selbst gern reist, lädt auch immer wieder internationale Gäste ein. Jetzt war der Chor der Ungarischen Nationalbibliothek Széchényi nach Bonn gekommen, unter anderem um gemeinsam mit den Gastgebern im Rheinischen Landesmuseum aufzutreten.

Den Anfang machten die Ungarn mit Werken von Zolt n Kod ly, Franz Liszt, Antonin Dvor k und Béla Bartók, dessen vier slowakische Volkslieder dem Chor besonders schön gelangen. Stimmige pianistische Unterstützung boten Ilona Erdélyi und Agnes Gupcsó. Durch das von den ungarischen Folklorechören beeinflusste Stimmtimbre ist der gemischte Laienchor unter der Leitung seiner Gründerin M ria Eckhardt ein Erlebnis.

Der Bonner Kammerchor (noch einmal unter Leitung des scheidenden Peter Henn) bot eine ganz andere Chorkultur. Zwei Stücke aus Debussys "Trois chansons" erklangen in feinster Geschliffenheit, selbst Hugo Wolfs "Komm, Trost der Welt, du stille Nacht" bereitete keine Schwierigkeiten. Werke von Ralph Vaughan Williams (1872-1958), Mendelssohn und Clytos Gotwalds Transkriptionen nach Liedern von Liszt und Mahler rundeten diesen Konzertteil ab.

Schließlich präsentierte sich der ungarische Chor mit Werken von Beethoven, Meyerbeer, Brahms und Franz Schöggl. Das Konzert wurde mit zwei gemeinsamen Aufführungen beschlossen: Brahms` "Waldesnacht" und Kod lys herzerwärmendem Werk "esti dal" (Abendlied). Viel Beifall. Christian O. Gazsi Laki

Meistgelesen
Neueste Artikel
Derwisch am Piano: Iiro Rantala beim
Ein Porträt Venedigs am Piano
Iiro Rantala und Fiona Grond beim JazzfestEin Porträt Venedigs am Piano
Zum Thema
Aus dem Ressort