Zickenkrieg mit Mozart im Rheinischen Landesmuseum

"Casting mit Zickenkrieg" nennt Solveig Palm, Vorsitzende des "Netzwerks Ludwig van B.", ihre witzige Bearbeitung von Mozarts Singspiel "Der Schauspieldirektor", die im ausverkauften Theatersaal des Rheinischen Landesmuseums ihre umjubelte Premiere feierte.

 Verzweiflung und Ratlosigkeit: Szene aus Mozarts "Schauspieldirektor".

Verzweiflung und Ratlosigkeit: Szene aus Mozarts "Schauspieldirektor".

Foto: Netzwerk Ludwig van B.

Bonn. So machen"s alle: Reisen an zum Vorsingen. Tun so, als ob sie das ersehnte Engagement und die fette Gage schon sicher hätten. Bringen Erfolge, aktuelle Lebenspartner und wichtige Beziehungen ins Spiel und öffnen zwischen Adagio und Allegro ein paar alte Beziehungskisten.

"Casting mit Zickenkrieg" nennt Solveig Palm, Vorsitzende des "Netzwerks Ludwig van B.", dieses sehr rührigen Vereins für musikalische Jugendarbeit in Bonn, ihre witzige Bearbeitung von Mozarts Singspiel "Der Schauspieldirektor", die im ausverkauften Theatersaal des Rheinischen Landesmuseums ihre umjubelte Premiere feierte. Das 1786 in Wien uraufgeführte Stück ist eine Satire auf den damaligen Theaterbetrieb - und angesichts dissonanter kommunaler Kultursparkonzerte natürlich hochaktuell. Um Knete und Quote mit oder ohne Bohlen geht es dem Schauspieldirektor Frank Graf und seinem Marketingchef Mario Buff (Marius Mik).

Infos Weitere Informationen unter www.LudwigvanB.deEinen Produktionsauftrag aus der Festspielstadt Salzburg haben sie ergattert: "Die Hochzeit des Figaro" oder "Così fan tutte" sind angedacht. Da der "Schauspieldirektor" gerade mal vier Gesangsnummern vorweist, was für ein Superstar-Casting viel zu wenig ist, hat die neue Librettistin Solveig Palm sehr geschickt eine Menge "Figaro" und ein bisschen "Così" in die gut zweieinhalbstündige Aufführung gemixt und lässt die Figuren schillern zwischen großem Operngefühl und dramatischem Kampf um die besten Rollen. Die jungen Sängerinnen und Sänger (fast alle sind unter zwanzig, aber schon echte Bühnenprofis) spielen also gleichzeitig Selbstdarsteller auf der Suche nach dem Theaterruhm und Charakterdarsteller in berühmten Musiktheaterwerken.

Diese Verdopplung gelingt ihnen nahtlos in der einfallsreichen Inszenierung des erfahrenen Regisseurs Nikolaus Büchel. Welche Typen zum Casting erscheinen, macht der kurze Film zur Ouvertüre klar. Der Dirigent Sebastian Breuing hat den Soundtrack zum Show-Auftakt für drei Streicher und drei Bläser arrangiert und führt das spritzig aufspielende kleine Orchester und die Gesangssolisten mit munterem musikalischem Esprit durch die verzwickte Handlung.

Dominik Söns gibt den Intendanten Graf mit großem Spieltalent und feinem Bariton, Elena Harsanyi ist als seine Ex Rosanna Herz ein bezaubernder Widerpart mit empfindsam lyrischem Sopran und neuem Lover (Konrad Eilers). Eine ideale Susanna-Stimme hat freilich Primadonna Susina Silberklang.

Andrea Graff lässt in dieser Partie cool ihr feuerrotes Kostüm fallen und virtuose Koloraturen blühen, um die heiß begehrte Rolle zu erobern. Ihr Fredo Herz alias Figaro ist der stimmlich und schauspielerisch glänzende Frederik Schauhoff. Nadine Miller (Rose Miller alias Cherubino), Kim Fugenzi (Agentin Marcella Vogelsang alias Marcellina), Vincent Debus (Fritz) und Scarlett Pulwey (Despina) sorgen für weitere glanzpunkte an diesem Abend. Diese junge Low-Budget-Produktion beweist, dass der Nachwuchs durchaus noch für intelligente Operninterpretationen zu begeistern ist.

Die nächsten Vorstellungen am 3. und 13. November, 19.30 Uhr, im LVR Landesmuseum Bonn. Restkarten an der Abendkasse.

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