Martin Grubinger und das Gürzenich Orchester in der Philharmonie Zum Schluss ein Traum

Köln · Eigentlich wollte Martin Grubinger mit dem Gürzenich Orchester das neue Konzert für Schlagzeug und Orchester des Wiener Komponisten HK Gruber aufführen, konnte es jedoch krankheitsbedingt nicht so gründlich einstudieren, um seinen eigenen, extrem hohen Ansprüchen zu genügen. So komplex eine Partitur auch sein mag, der österreichische Schlagzeug-Superstar spielt sie grundsätzlich auswendig. Also einigten sich Grubinger und Gürzenich-Chef Markus Stenz auf ein mittlerweile 30 Jahre altes Gegenstück desselben Komponisten.

Grubinger spielte den Solopart des dreisätzigen Werkes "Rough Music" in der Philharmonie mit einer unglaublichen Präzision. Im ersten Satz "Toberac" waren es vor allem die Marimbaphon-Passagen, mit denen er begeisterte. Im zweiten Satz "Shivaree" entwickelt sich aus einer hübschen, stimmungsvollen Passage mit Vibraphon ein heftiger, dichter Orchestersatz, dem Grubinger am Schlagzeug sitzend virtuos Paroli bot, bevor er sich dann wieder am Vibraphon einem fast traumverlorenen Schluss hingab.

Der dritte Satz ist ein allmähliches Erwachen: Zuerst wie ein sehr langsamer Walzer, dessen Marimba-Akkorde Grubinger zärtlich leise zum Erklingen brachte. Stenz und Grubinger, die sich selten aus den Augen ließen, organisierten die zunehmende rhythmische Verdichtung des "Charivari" überschriebenen Satzes auf atemberaubende Weise.

Als charmant angekündigte Zugaben spielte er ein Stück auf der Pipe Drum, das "purer Sport" sei. Dieser zirzensischen Leibesübung ließ er noch eine wunderbare Nummer des Jazz-Vibraphonisten Gary Burton als zweite Zugabe folgen. Der zweite Teil des Konzertes bot eine Begegnung mit einer etwas kuriosen Sinfonie des schwedischen Komponisten Kurt Magnus Atterberg (1887-1974), die 1928 durch das Kölner Gürzenich uraufgeführt wurde. Auf dem Programm standen allerdings nur die ersten beiden Sätze. Es ist klangvolle spätromantische Musik, völlig aus der Zeit gefallen. Besonders gelungen ist der zweite Satz, dessen melodische Bögen, wie etwa das von der Soloklarinette modulierte Hauptthema, zum Dahinschmelzen sind.

Stenz, der die beiden Sätze mit großer Hingabe dirigierte, erläuterte am Ende auch, weshalb der Finalsatz keinen Eingang ins offizielle Programm gefunden habe. Laut, lärmend, trivial sei er, dafür brauche man einen "Beipackzettel". Was gestern im "dritten Akt", dem traditionellen Zugabenteil der Gürzenich-Konzerte, zu hören war, wird an dieser Stelle wie üblich nicht verraten, um den Überraschungseffekt für das heutige und morgige Wiederholungskonzert nicht zu durchkreuzen.

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