Prachtband über Marilyn Monroe Zur rechten Zeit am rechten Ort

Köln · "Ich habe Marilyn Monroe nackt, und wir werden eine Menge Geld verdienen." Ganz schön abgebrüht klingt er da im Frühjahr 1962, der 26-jährige Fotograf Lawrence Schiller. Und er behält Recht. Der Kölner Taschen Verlag hat mit seinen Aufnahmen nun einen Prachtband produziert.

 Die Badende: Marilyn Monroe 1962.

Die Badende: Marilyn Monroe 1962.

Foto: LAWRENCE SCHILLER/COURTESY TASCHEN AND STEVEN KASHER GALLERY

"Life" nimmt einen der heute eher züchtig wirkenden Schnappschüsse als Titelbild, insgesamt kassieren Schiller und sein Partner je 30.000 Dollar. Kein schlechter Lohn dafür, zur rechten Zeit am rechten Ort gewesen zu sein.

Eigentlich sollte die kriselnde Diva ja am Set von "Something's got to give" ein wenig im Pool planschen, um drehbuchgemäß Dean Martin zu verführen. Doch dann steigt die fast 36-Jährige plötzlich ohne Badeanzug aus dem Becken, greift keineswegs gleich zum Bademantel, sondern posiert in voller Schönheit. Und Schiller verschießt 16 Filmrollen mit je 36 Aufnahmen.

"Marilyn & Me" heißt jenes Buch, das der Fotograf über diesen Coup, die Vorgeschichte und die Nachwehen geschrieben hat. Ein eher schmaler Bericht, dem der für formatsprengende Projekte bekannte Benedikt Taschen nun einen ganz großen Auftritt bietet. Schon die "bescheidene" Collector's Edition" schlägt mit 750 Euro zu Buche, doppelt so teuer sind die beiden "Art Editions", die noch einen vom Fotografen signierten Pigment-Print als sinnliche Zugabe enthalten. Geliefert wird die auf 1962 (Marilyns Todesjahr) Exemplare limitierte Rarität in einer Schlagkassette, die wie der Einband mit edler blauer Duchesse-Seide bezogen ist.

Innen dann die Fotos, zwei Drittel davon bislang unveröffentlicht. Marilyn schwimmend, nackt am Beckenrand vor dem azurglitzernden Wasser, sich abtrocknend und dabei auf eine unverschämt-unschuldige Weise lasziv. Nicht nur diese Serie, auch die anderen Aufnahmen des Stars sind eine Augenweide.

Lawrence Schiller hatte die Monroe nämlich schon vorher bei den Dreharbeiten zu "Machen wir's in Liebe" fotografiert. Obwohl er sich damals nichts notiert, erinnert er sich später sehr genau an die Gespräche.

Während der Arbeit an "Some- thing's got to give" steht sein Modell unter Druck. Twentieth Century Fox und Regisseur George Cukor hadern mit dem Star, der von 33 Drehtagen gerade 13 mit seinem Erscheinen beehrt. Sie wiederum nimmt dem Studio übel, dass es Elizabeth Taylor für "Cleopatra" eine Million Dollar zahlt, während sie sich mit einem Zehntel begnügen muss. Die Nacktfotos sind auch ein verzweifelter Publicity-Konter.

Lawrence Schillers unprätentiöse Erinnerungen verraten einiges über die Schauspielerin. Bizarr jener Abend, an dem die Monroe - animiert von einer Flasche Dom Perignon - im Auto unter einer Straßenlaterne die unerwünschten Fotos aus dem Kontaktbogen schneidet. Etwa weil ihr die Beinmuskeln zu angespannt scheinen.

Doch Schiller bekommt nicht nur ihre Professionalität, sondern auch ihre Traurigkeit zu sehen: "Ich wollte nie Marilyn sein", erzählt sie, "es ist einfach passiert. Marilyn ist wie ein Schleier, den ich über Norma Jean trage." Er erfährt von ihren Fehlgeburten ("Ich möchte ein Kind, und ich fürchte ein Kind") und Komplexen ("Es geht immer noch nur um Nacktheit - bin ich zu nichts anderem gut?").

Und selbst die Akt-Offensive scheitert zunächst. Fox feuert Marilyn, will sie später zurückholen. Dazu kommt es nicht mehr, am 5. August 1962 wird sie tot in ihrem Haus gefunden, man raunt von Selbstmord. Schiller, der wie in Trance zwischen Polizisten und Leichenwagen fotografiert, glaubt das nicht. Er denkt noch heute oft an sie, hat ihre Stimme noch im Ohr, doch irgendwann rief wieder das Geschäft: Ein seinerzeit für "Life" & Co. zu "scharfes" Bild aus der Swimmingpool-Serie wird Ende 1963 gegen fettes Honorar im "Playboy" gedruckt. Im Buch findet man es auch - im sehr dezenten Mini-Format.

Lawrence Schiller: Marilyn & Me: A Memoir in Words and Photographs. Taschen-Verlag, Collectors Edition, 750 Euro, zwei Art Editions mit vom Fotografen signiertem und nummeriertem Print, je 1500 Euro. Text jeweils englisch, deutsche Übersetzung als Broschüre erhältlich.

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