Musikalische Raritäten Schlüsselerlebnis mit Beethoven

Bonn · Sibylle Wagner dirigiert am Sonntag Beethovens Chorfantasie und sein Violinkonzert in der Fassung für Klavier und Orchester. Zu Beginn des Konzerts erklingen Richard Wagners Wesendonck-Lieder.

 Traum von der Völkerverständigung: (von links) Daria Rositzkaja, Sibylle Wagner und Jingge Yan vor Beethovens Geburtshaus.

Traum von der Völkerverständigung: (von links) Daria Rositzkaja, Sibylle Wagner und Jingge Yan vor Beethovens Geburtshaus.

Foto: ga

Von Ludwig van Beethovens Violinkonzert war der Komponist, Pianist und Musikverleger Muzio Clementi so hingerissen, dass er seinen Kollegen gleich darum bat, er möge doch aus seinem op. 61 auch eine Klavierfassung erstellen. Beethoven, der in dieser Zeit nicht eben unter Mangel an Arbeit litt, nahm sich die Zeit und übertrug nicht nur die Solostimme des Werkes von der Violine aufs Klavier, sondern schrieb auch ein paar neue Kadenzen dazu. Die für den ersten Satz ist besonders originell: Hier gesellt sich zur virtuosen Klavierstimme noch die Solopauke hinzu. Ein Kuriosum nicht nur für die Zeit Beethovens.

„Unser Paukist freut sich schon darauf“, sagt die Bonner Musikerin Sibylle Wagner, die das Werk am Sonntag, 3. September, in der Uni-Aula im Rahmen ihrer Projektreihe „Bonner Visionen“ dirigieren wird. Das Konzert steht unter dem Titel „Beethovens Träume“, der eine Anspielung auf die Spiritualität des Komponisten sein soll, wie Wagner im Gespräch erläutert. Außerdem stellt der Titel eine Verknüpfung mit den Wesendonck-Liedern Richard Wagners dar, deren letztes „Träume“ heißt. Der Abend gipfelt dann in der Aufführung von Beethovens Fantasie für Klavier, Orchester und Chor in c-Moll op. 80, die gern als „Kleine Neunte“ apostrophiert wird.

Die Idee dazu, die beiden selten aufgeführten Beethoven-Werke an einem Abend zu präsentieren, ging von dem chinesischen Pianisten und Solisten des Abends, Jingge Yan, aus. Der Sieger der Internationalen Beethoven-Competition der Telekom Bonn von 2011 hält sich derzeit ohnehin in der Geburtsstadt des Komponisten auf. „Ich bin gerade dabei, im Kammermusiksaal des Beethoven-Hauses alle Klaviersonaten Beethovens aufzunehmen“, erzählt Jingge Yan, der ein echter Beethoven-Enthusiast und -Kenner ist. 2015 wurde der 1986 in Peking geborene Musiker von der Stadt Bonn und dem Beethoven-Haus zum „Beethoven Botschafter“ ernannt. Die CDs sollen Anfang nächsten Jahres erscheinen.

Die drei Werke verbindet ihr Bezug zu Bonn, sagt Sibylle Wagner. Beethoven wurde in Bonn geboren und Mathilde Wesendonck, nach deren Gedichten Richard Wagner seine fünf Lieder komponierte, hat ihre letzte Ruhestätte auf dem Alten Friedhof gefunden.

„Zu Beethoven habe ich eine ganz intensive Beziehung, seit ich mich mt dem ,Fidelio' befasst habe“, sagt Wagner. Ein Projekt, das die ehemalige Chordirektorin der Oper Bonn vor sechs Jahren mit den Frankfurter Sinfonikern in den historischen Burghöfen in der Festung der Burg Clingenberg realisiert hatte. „Das war für mich ein Schlüsselerlebnis.“ Eine zweite Leidenschaft sei das Gesamtwerk von Richard Wagner. „Die Verbindung dieser beiden Komponisten geht für mich über den Alten Friedhof, wo Beethovens Mutter und Mathilde Wesendonck bestattet sind.“ Wagner weiter: „Die große Idee, die hinter diesem Konzert, ist, junge Musiker aus unterschiedlichen Kulturen zusammenzubringen und über die Musik eine Gemeinschaft zu schaffen.“ Bonner begegnen internationalen Musikerinnen und Musikern, um gemeinsam mit dem neu gegründeten Chor junger orthodoxer Christen aus Syrien „den Traum von Beethoven zur Völkerverständigung zu verwirklichen“.

Die jungen internationalen Musiker und Sänger, die an der aktuellen Produktion beteiligt sind, wohnen für die Dauer der Proben und Vorbereitungen bis zum Konzert bei Bonner Gastfamilien und auch bei Wagner zu Hause. Zwei Wochen intensiver Arbeit liegen nun hinter ihnen. Auch Daria Rositzkaja aus Russland ist darunter. Die Mezzosopranistin übernimmt den Gesangspart bei den Wesendonck-Liedern. Gerade wurde die junge Sängerin für die Titelpartie der „Carmen“ an der Kammeroper Schloss Rheinsberg ausgezeichnet. Die Lieder Richard Wagners singt sie nun zum ersten Mal. Was sie an ihnen besonders schätzt? „Sie handeln von der ganz großen Liebe.“

Konzert am 3. September, 19 Uhr, in der Aula der Bonner Universität. Karten bei bonnticket.de und an der Abendkasse.

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